Die imperialistische Neuregelung im südlichen Afrika: Ausbeutung mit und ohne Negerstaaten Die Unterdrückung der Neger in den Staaten des südlichen Afrika, die von Weißen regiert werden, war der Welt seit längerem Anlaß zu moralischer Entrüstung, die darauf verwies, daß man so mit Menschen, und darunter seien ja auch die Schwarzen zu zählen, nicht umspringen dürfe. Selbst die Staatsmänner in Bonn, Washington und anderen Hochburgen der Demokratie versäumten bei keinem Handelsabkommen, das sie mit der Republik Südafrika (RSA) schlössen, ein mahnendes Wort an ihre Vertragspartner, sie sollten sich doch aus dem Los ihrer Schwarzen ein Gewissen machen. Die Völkerfamilie, organisiert in der UNO, verdammte ihr Mitglied RSA des öfteren: „Wir verdammen Rassismus als eine unmenschliche Gesinnung und als Ursache schrecklichster Verbrechen.“ In diesem Urteil wird als Grund für das Elend der Neger eine falsche Einstellung der Weißen ihnen gegenüber angegeben. Um diese zu ändern, „bedarf es einer ungeheuren moralischen Anstrengung der westlichen Welt“, weiß der „Rheinische Merkur“ und sonst nichts, es handelt sich schließlich um ein Bewußtseinsproblem, folglich „wäre ein Wirtschaftsboykott nicht am Platze.“(Süddeutsche Zeitung) Da die westliche Welt die Vorteile der Negerausbeutung, die sich in Rohstoffen und Industrieprodukten aus der RSA und Rhodesien profitlich auswirkten, sehr wohl zu schätzen weiß, wurde ihr der Rassismus erst dann zum Problem, der ein Eingreifen in diesem Gebiet erforderlich machte, als der Nutzen gefährdet schien. Spätestens die angolanischen Erfahrungen demonstrierten, daß das bisherige Verfahren bei der Niederhaltung der Neger den veränderten Kräfteverhältnissen im Süden Afrikas angepaßt werden muß. Die unterschiedliche Behandlung Rhodesiens und der RSA zeigt, worum es geht: weil man das Smith-Regime nicht mehr halten will, kommt der Rassist Vorster gerade recht, um diese Einsicht auch Smith nachdrücklich klarzumachen. Weil die RSA ein starker, funktionierender Staat ist, darf man bei ihr nicht allzusehr auf den Menschenrechten herumreiten. „Wer Südafrika werten will, muß genauer hinsehen. Nichts ist dort vergleichbar mit bekannten Entwicklungen sonstwo, alles ist komplizierter, wenige Maßstäbe taugen, es sei denn die des Augenmaßes.“ (Hans Heigert in der SZ). Im folgenden wird genauer hingesehen, wobei sich allerdings zeigen wird, daß die Entwicklung, die sich dabei dem Auge darbietet, sehr bekannt ist, weil der Maßstab, nach dem sie sich vollzieht, hier wie sonstwo, der des Imperialismus ist.
„Die Ressourcen auf landwirtschaftlichem Gebiet, vor allem der große Reichtum an Bodenschätzen hat Südafrika zweifellos zu einem der Länder gemacht, denen die ökonomische Zukunft zu gehören scheint.“ (SZ) Nähme man diese Begründung für den Reichtum der RSA, die sich in bürgerlichen Zeitungen, aber auch in jedem Erdkundebuch findet, ernst, dann wären die BRD und Japan zur Armut verurteilt. Aber auch Staaten mit großen Vorräten an Bodenschätzen, wie z.B. Kanada, schneiden im Vergleich mit der RSA schlecht ab, „da die Erschließung der Rohstoffreserven im kanadischen Norden zu kostspielig und zeitraubend wäre.“ (Aktuelle IRO-Landkarte), und die Ideologen der westlichen Welt und Zivilisation vermelden bezüglich noch südlicherer Gefilde, die Armut der Südseeinsulaner sei gerade dem natürlichen Reichtum jener gesegneten Eilande geschuldet, der die Braunen in die Lage versetzt, das faule Pack, das sie sind, auch zu bleiben, ohne zu verhungern. Die „ökonomische Zukunft“ eines Landes, dies machen die Beispiele aus Nord und Süd klar, ist also nur eine, wenn der Westen sich davon etwas für seine Gegenwart und Zukunft verspricht. Wenn also der RSA-Botschafter Sole die Unterstützung des Westens für seine Regierung mit dem Aufzählen der Bodenschätze in den Rand- Staaten und Rhodesien motivieren will – RSA: größte Gold- Platin- und Kohlevorräte der Welt; größter Diamantenproduzent; zweitgrößter Uranförderer; 66% der Chromvorkommen des Westens; ein Viertel der Weltmanganproduktion (,,All dies könnte für den Westen verloren gehen.“ Sole), ist unterstellt, was diesen Schatz, der im Boden liegt, erst zum Reichtum macht: das Potential an Arbeitskraft, das ihn ausbuddelt, verarbeitet, transportiert, veredelt usw. Was unter kapitalistischen Verhältnissen Reichtum ist, wußte schon ein Autor des 19. Jahrhunderts, der sein bekanntes Buch mit dem Satz anfangen läßt: „Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine ungeheure Warensammlung.“ (Karl Marx, Das Kapital) Der Reichtum im südlichen Afrika ist also nichts ohne diejenigen, die ihn erarbeiten, die Armut der Neger seine Voraussetzung. Warum die Kanadier die Kohle Labradors in der Erde lassen und die Goldsuche im hohen Norden abenteuerlustigen Prospektoren überlassen, erklärt sich aus der nüchternen Kalkulation des Kapitals, dem die Arbeitskraft kanadischer Proleten zu teuer ist, solange es von der Mehrarbeit schwarzer Lohnsklaven durch den Kauf ihres Produkts auf dem Weltmarkt profitieren kann. Das Geschäft im südlichen Afrika macht das Kapital nur, solange die Schwarzen den von ihnen geförderten Rohstoffen und geschaffenen Produkten so wenig Wert zusetzen, daß die Endprodukte konkurrenzlos billig auf den Markt kommen, und daß darin der eigentliche Reichtum liegt, verrät die internationale Werbung der Transkei, die über keine Bodenschätze verfügt, dafür aber über ein Potential billiger Arbeitskraft, das „strebsame, arbeitswillige Volk der Xhisu“, das Oberhäuptling Kaiser Matanzima den Kapitalisten aller Länder per Annonce offeriert. Nun ist die grenzenlose Ausbeutung der Lohnarbeit den Ideologen des Imperialismus kein Problem, nicht einmal ein moralisches: es gibt keine UNO-Resolution gegen Hungerlöhne in Indien und keine EG-Sanktionen gegen Italien, weil die Landarbeiter auf den Ländereien des Mezzogiorno in halbfeudaler Abhängigkeit dahinvegetieren. Genauso wie man an diesen Ländern nur auszusetzen hat, daß ihre Wirtschaft nicht floriert, die Aussaugung der Arbeitskraft also nicht funktioniert, kann man zumindest in der RSA darauf verweisen, daß hier eine blühende Volkswirtschaft existiert. (Die RSA und ihre Freunde verweisen gerne darauf, daß der Lebensstandard der Bantus höher ist als derjenige der Neger in irgendeinem anderen afrikanischen Land.) Wenn mittlerweile sogar westliche Staatsmänner, Männer der Wirtschaft und ihre journalistischen Sprachrohre über die schlechte Behandlung der Neger im südlichen Afrika klagen, dann deshalb, weil sie die bisherigen Formen des Negerschlachtens und Ausbeutens für nicht mehr ausreichend halten. Daß das Interesse der imperialistischen Länder am „natürlichen“ Reichtum der südafrikanischen Staaten das Interesse an der Armut der einheimischen Bevölkerung ist, der man gehörig nachgeholfen hat, um die Schwarzen für die Kapitalinteressen tauglich zu machen, verkündet ein staatlicher Propagandist für Genügsamkeit: „Die Natur bot den genügsamen Menschen während des ganzen Jahres Nahrung in Hülle und Fülle. Sie lebten nur für den Tag. Geschäftsdenken war ihnen fremd.“ (Lebenskunde – Sachkunde – Weltkunde, Band 3, S.76) Die kräftigen schwarzen Naturburschen, die für das Ausgraben der Bodenschätze überaus brauchbar schienen, waren zu „reich“, um „Geschäfte“ mit den Kapitalisten abzuschließen. „Die afrikanischen Eingeborenen besitzen, beziehungsweise bewohnen(!) große Landstriche. Solange keine tiefgreifende Veränderung dieser Verhältnisse herbeigeführt wird, kann verständlicherweise(!) kein großer Wandel ihrer Lebensweise erwartet werden.“ (Imperialist 1903, R. 230) Kriegszüge, Terror und entsprechende Gesetze veränderten die Lebensweise der Neger, die aus ihren Siedlungsgebieten vertrieben und in Reservaten zusammengepfercht wurden. Diese weiße Landnahme erfolgte durch den Einsatz der Staatsgewalt, die die „freiwillige Umsiedlung“ der Kaffern in die unfruchtbaren Gebiete durch gezielte Maßnahmen vorantrieb: – Unterstützung und Förderung weißer Farmer in den Bantugebieten Der Native-Land Act von 1913 in der damaligen südafrikanischen Union und das rhodesische Pendant, der Land-Tenure-Act der Smith-Regierung (von 1969) markieren den erfolgreichen Abschluß des Bauernlegens, indem sie dafür sorgen, daß die Schwarzen auch in den Reservaten bleiben, da man ihnen verbietet, außerhalb der ihnen zugewiesenen Gebiete Land zu erwerben. Das Land in den Reservaten gibt aber außer Disteln nicht allzuviel her, so daß die Neger mit der ihnen zugewiesenen Subsistenzgrundlage ihren Lebensunterhalt gerade nicht bestreiten können. Ein britischer Agronom steht nicht an, dies offen zuzugeben: „Die meisten der Eingeborenen-Gebiete sind armer Boden, gewöhnlich der als Klasse II bekannte Granit-Sand. In vielen Teilen des Landes ist es geradezu peinlich, von einem europäischen Gebiet in ein Eingeborenengebiet zu fahren. Der Wechsel der Bodenart stimmt nahezu exakt mit der Grenze überein und ist bestürzend offensichtlich.“ (P. Keatley, The Politics of Partnership, London 1963) Seit ihrer Schaffung sind so die Homelands Tätigkeitsfelder diverser Hilfsorganisationen des Imperialismus wie der UNICEF, die die hohe Kindersterblichkeit, die niedrige Lebenserwartung und die diversen Mangelkrankheiten in den Reservaten bejammern.
Für die RSA ist die Not in den Negergebieten jedoch die Garantie dafür, daß sich die arbeitsfähigen Schwarzen der weißen Farm Wirtschaft und der Industrie zur Verfügung stellen, und zwar freiwillig und in übergroßer Anzahl. Die Reservate stellen so eine kasernierte Reservearmee wohlfeiler Arbeitskräfte dar, jederzeit abrufbereit und zugleich keine Belastung für den Staat, der sie aus den weißen Gebieten fernhält. Der Neger bleibt in der Wüste und kommt ins Territorium des weißen Mannes nur als Arbeitskraft. Während unsere demokratischen Staatsmänner sich um den Arbeitsmann noch als Staatsbürger kümmern müssen, bleibt die RSA dieser Mühe enthoben, und ihre Ideologen sprechen auch offen aus, als was der Neger gefragt ist: Die Bantu „kommen einzig und allein, um ihre Arbeit zu liefern. Sie liefern nur eine Ware, die Ware Arbeit. ... In dem Augenblick, in dem die Opposition diesen Grundsatz begreift, daß es Arbeit ist, die wir importieren, und nicht Arbeitskräfte als Individuen, wird sie die Frage nach der Anzahl nicht länger beunruhigen.“ (zitiert nach R.Horwitz, The Political Economy of South Africa, London 1967) Damit die Bantus sich auch als das aufführen, wofür sie nützlich sind, verlangt der RSA-Staat von jedem eine Steuer allein dafür, daß er leben darf: jeder arbeitsfähige Afrikaner über 16 Jahre hat eine Kopfsteuer zu entrichten, die er nur bezahlen kann, wenn er sich als Ware verkauft. Dieses Gesetz haben auch die rhodesischen Faschisten als wirkungsvolles Mittel zur Förderung der Arbeitswilligkeit ihrer Neger erkannt und durchgesetzt. Weil das Homeland-System, gekoppelt mit dem allgemeinen Arbeitszwang durch die Kopfsteuer, der RSA-Wirtschaft Arbeitskräfte zur Verfügung stellt, ohne sie und den Staat mit Kosten für Arbeiter (Ausbildung, Unfallversicherung, Krankenfürsorge) zu belasten, haben weder die RSA noch Rhodesien etwas dagegen, wenn aus den benachbarten schwarzafrikanischen Staaten „Gastarbeiter“ ihre Muskeln anbieten. Im Gegenteil, läßt sich dies doch genüßlich gegen die Kritik der feindlichen Regierungen anführen: „Es ist eine sonderbare Tyrannei, die jedes Jahr mehr als eine halbe Million Wanderarbeiter aus neun unabhängigen schwarzen Staaten herbeilockt.“ (Südafrika in Bewegung, RSA-Propaganda-Schrift)
Die „Compounds“ (Wohnlager der schwarzen Arbeiter auf dem Minengebiet), in denen die Schwarzen kaserniert sind und aus Großküchen ernährt werden, offenbaren ebenso wie die Townships, die vorwiegend aus Ein-Zimmer-Wohnungen bestehen, denen es an Wasser, sanitären Anlagen, Heizung und Kochgelegenheiten mangelt, unmittelbar die ökonomische Funktion der Rassentrennung und was sie den Negern bringt: Sie bezahlen für die Arbeit, die sie liefern, mit – Kasernierung in Arbeitslagern, d.h. Trennung von Frau und Kind, Während die Demokratien in Europa und Amerika den Arbeitskampf gesetzlich regeln, sorgen RSA und Rhodesien dafür, daß er bei ihnen gar nicht stattfindet: es gibt Gesetze, die eine gewerkschaftliche Organisierung der Schwarzen verhindern: – Afrikanische Gewerkschaften sind gesetzlich nicht anerkannt Mit den Folgen solcher Verhältnisse geht der Staat in einer Weise um, die seiner Gleichgültigkeit gegenüber den Negern entspricht: den Alkoholismus macht er durch die Staatsmonopolisierung seines Verkaufs in den Gettos zum Geschäft, die Medizinmänner (in Soweto gibt es davon über 1000) läßt er gewähren, weil der Glaube der Bevölkerung an ihre Scharlatane die fehlende ärztliche Versorgung kompensiert, gegen die Kriminalität geht er drakonisch vor, um zu verhindern, daß sich das schwarze Arbeitsvieh, an dem er interessiert ist, gegenseitig umbringt. Im Umgang von Staat und Kapital mit den Negern hat sich im südlichen Afrika ein System der Lohnsklaverei herausgebildet, das die Vorteile der Sklaverei mit denen der Lohnarbeit verbindet, ohne sich mit den Nachteilen beider Verhältnisse zu belasten: – das völlige, rechtlose Ausgeliefertsein der Schwarzen macht sie zum Objekt schrankenloser Ausbeutung ohne die Möglichkeiten der Gegenwehr, die der gewerkschaftliche Kampf den Proleten in den Metropolen in der Konkurrenz gegen das Kapital bietet. Die Nutzbarmachung der Schwarzen erstreckt sich zunehmend auch noch auf die Homelands, was die Unterbezahlung der Arbeitskraft in den weißen Gebieten befördert: die RSA unterstützt die Entstehung einer schwarzen Landbourgeoisie, die auch noch dem kargen Boden der Reservate durch den Einsatz der in ihnen verbliebenen Weiber- und Kinderarbeit den Mais abgewinnt, der das Hauptnahrungsmittel der Neger ist. Der Vorteil fürs Kapital liegt darin, daß in den Reservaten auch dann noch für die Aufzucht der Ersatzmänner für die Arbeitsarmee gesorgt ist, wenn die Männer zu wenig Geld für die Familie nach Hause schicken können. Um das schwarze Menschenmaterial mit seinem Schicksal zu versöhnen, affirmiert die Regierung den überlieferten Aberglauben, der für das Hungerlos Naturgottheiten verantwortlich macht, und predigt lediglich einen funktionaleren Umgang mit den Schimären. Durch die Kampagne „Blut der Erde statt Tieropfer“, der den Negern empfiehlt, die rote Steppenerde als Blutersatz zu opfern, leistet die RSA einen Beitrag zum Kampf gegen den Hunger, der sie nichts kostet und den Negern zumindest einen Vorteil der ihnen zugewiesenen Wüsteneien klarmacht. Angesichts dieser Sauereien fällt den Revisionisten hierzulande nur auf, daß es im südlichen Afrika ungerecht = undemokratisch zugeht, und sie führen als Beleg dafür an, daß „die Weißen 87% des gesamten Bodens besitzen, während den Farbigen die restlichen 13% verblieben sind.“ (stellvertretend für alle der SHB) Analog zu ähnlichen Rechnungen, die sie mit der Verteilung des Vermögens auf Monopole und Proleten hierzulande anstellen, fordern sie für die RSA und Rhodesien die Einführung demokratischer Verhältnisse und projizieren ihre Staatsillusionen auf die Neger in den Rand-Staaten. Den erschütternden Vorwurf, bei ihren Staaten handle es sich um Unrechtsregime, können Staatsmänner wie Vorster und Smith ungerührt mit dem Hinweis auf ihr Recht, in dem die staatliche Willkür gegenüber den Negern gesetzlich verankert ist, zurückweisen.
Die Verbrecher sind die Schwarzen, deren Feindschaft sich der weiße Ausbeuterstaat zwangsläufig eingehandelt hat und auf die er unter Einsatz seiner Gewaltmaschinerie gemäß den entsprechenden Sondergesetzen reagiert. So bestimmt das rhodesische „Recht auf Schutz des Lebens“, wer umgebracht werden darf: „Von einer Person, die durch die Anwendung von Gewalt stirbt, soll nicht erachtet werden, sie sei in Widerspruch zu diesem Paragraphen ihres Lebens beraubt worden, sofern es durch die näheren. Umstände des Falles vernünftigerweise(!) gerechtfertigt ist „Landstreicher“ können aufgrund des „Rechts auf Schutz vor Sklaverei und Zwangsarbeit“ zur Zwangsarbeit verpflichtet werden. Das „Recht auf Schutz vor Enteignung“ erlaubt die Enteignung von Feinden, bzw. die Enteignung solcher Gebiete, auf denen Bodenschätze gefunden wurden, während das „Recht auf Schutz vor Diskriminierung“ aufgrund von Rasse, Stamm, Farbe oder Glauben die Diskriminierung zum Nutzen der staatlichen Wirtschaftspolitik garantiert. In der RSA repräsentiert das „Gesetz zur Unterdrückung des Kommunismus“ die staatliche Willkür. Staatsfeinde – denen man durch Folter die gewünschten Geständnisse abzupressen weiß – sind die Anhänger aller „Doktrinen und Systeme, die eine politische, industrielle, soziale oder wirtschaftliche Veränderung in Südafrika durch das Hervorrufen von Unruhen und Ordnungslosigkeit bewirken wollen, sei es durch gesetzwidriges Handeln oder durch Unterlassungen. (Synonym für Streik !)“ (STERN, Nr.45/1976) Sich auf dieses Gesetz berufend schaltete die südafrikanische Regierung mit Hilfe des „Banns“ der ohne Gerichtsurteil vom Justizminister verfügt wird und strikten Hausarrest – der jeglichen, auch brieflichen Kontakt mit anderen Gebannten, öffentliches Auftreten (auch vor Gericht) und Publizieren verbietet – einschließt, alle unliebsamen schwarzen und weissen Oppositionellen aus, wofür auch das 90-Tage-Haft-Gesetz, das die Präventivhaft gesetzlich verankert, sorgt. ,,Apartheid“ – so belehrt uns das südafrikanische Propagandaministerium – bedeute „Verschiedensein, Getrenntsein“ und stelle ein „zu verwirklichendes Ideal“ dar, womit die Regierung der RSA auf ihre Weise das Geheimnis des Rassismus ausplaudert: mit der Verwandlung der faktisch realisierten Apartheid in ein Ideal tut sie kund, 1. daß die Art und Weise, wie die weißen Kapitalistenfiguren und ihr Staat an der Rassentrennung interessiert sind – sie ist Grundlage für ein ökonomisches Zwangsverhältnis – voraussetzt, daß keine „getrennte Entwicklung“ der Schwarzen stattfindet. „Es stimmt, daß Schwarze für uns arbeiten. Es werden noch Generationen für uns arbeiten, trotz unseres Ideals, sie vollständig zu separieren. Aber die Tatsache, daß sie für uns arbeiten, kann sie niemals dazu berechtigen, politische Rechte geltend zu machen.“ (Vorster 1968, nach STERN Nr.46/1976) Was die Townships in den „weißen“ Gebieten der RSA und Rhodesiens (in denen mehr als die Hälfte der Separierten kaserniert ist) faktisch belegen, verraten am schlagendsten die weißen Villenherrn mit ihrer Klage, ihnen bleibe wegen der allnächtlichen Rückkehr des schwarzen Dienstleistungspersonals in seine Schlafgettos mancher schöne Dienst versagt: daß Rassentrennung nicht die Trennung der Rassen ist. Und da das Zurechtmachen der Neger für ihre ökonomische Funktion für die schwarzen Proleten ein beschissenes Dasein bedeutet, wird in der interessierten amtlichen Definition des Ausbeutungsverhältnisses auch nicht versäumt klarzustellen, daß 2. die Politik der Trennung der Rassen als Verwirklichung ihrer Verschiedenheit zu verstehen ist, mithin ihrer Natur entspricht und durch diese gerechtfertigt ist. Die Begründung, mit der Henrik Verwoerd (ab 1950 Minister für Bantu-Angelegenheit in der RSA) die Industrialisierung der Homelands verhinderte – „Apartheid ist Wachstum aus den eigenen Wurzeln, den eigenen Strukturen und aus eigener Kraft. Das ist eine Politik der langsamen Entwicklung.“ (nach STERN 45/1976), offenbart ebenso wie die offizielle Stellung zu den (nicht als Tarifvertragsparteien anerkannten) „schwarzen“ Gewerkschaften – „Dem Bantu ist diese Art von Kollektivbestrebung fremd, wenn sie über den eigenen Stammesbereich hinausgeht.“ ( R 57) – nicht nur das Interesse am nützlichen Elend des schwarzen Arbeitsvolks, sondern auch das Prinzip der dazugehörigen rassistischen Ideologie, die Verwandlung des Resultats der Ausbeutung in ihren Grund: Die Neger bringen es zu nichts und haben es also nicht anders verdient – weshalb der Ausbeuterstaat nur recht daran tut, gegen diex N e g e r xder Neger xN a t u rx durchzusetzen. Ihr dem imperialistischen Zugriff geschuldetes Schicksal – die Neger sind dadurch Untermenschen – wird ihnen von den Rassisten als ihre natürliche Eigenart vorgehalten. (Daß sich diese interessierte Verwandlung auch auf Leute anwenden läßt, die sich in der Konkurrenz durchsetzen, ohne daß dies dem Staat paßt, haben andere Faschisten hierzulande demonstriert: die Juden haben, ihren ökonomischen Erfolg nicht verdient, sondern nur ihrer Bescheißernatur zu verdanken.) Daher gibt es auch in den südafrikanischen Staaten ein gesetzliches Verbot von Mischehen. Halbe Neger stellen den Rassistenstaat beim Aussortieren derer, für deren Mißerfolg in der Konkurrenz mit dem weißen Herrenvolk er sorgt, vor gewisse Probleme, zu deren Bewältigung er „Ämter für Rassenklassifizierung“ (die nebenbei auch Japaner zu „Weißen ehrenhalber“ erklären) eingerichtet hat – was den bezahlten Staatsagitatoren hierzulande Gelegenheit gibt, ordentliche Formen der Ausbeutung zu preisen: Mit der vernichtenden Kritik am Elend der Neger, sie hätten es sich nicht selbst zuzuschreiben („Der Spruch des Rassenamtes ist ein Gottesurteil“ STERN 45/1976), führen sie hiesigen Proleten die Wohltat der freien Konkurrenz vor Augen, in der es bekanntlich jeder vom Tellerwäscher zum Millionär bringen kann. Mehr noch geilt sich der bürgerliche Verstand dann auf, wenn die Apartheid kleinlich wird: „Sogar in den Museen(!) wurden verschiedene Besuchstage für Weiße und Nicht-Weiße eingerichtet.“ (STERN 45/1976) Die Formen der Petty Apartheid sind die Verselbständigung der Rassismus-Ideologie gegen ihre Funktion, weshalb westliche Journale mit Vorliebe „getrennte Parkbänke“ abbilden und in der „Verabsolutierung der Burendoktrin“ die „kluge Absicht“ vermissen (SZ 13.8.76). Kopfschüttelnd präsentieren sie die „absurdeste Staatsidee des Jahrhunderts“ (STERN 44/ 1976), die nur der „Halsstarrigkeit der „verkrampten“ Buren“ geschuldet sein kann, um dem staunenden Publikum jeden Gedanken über den Grund des Negerelends auszutreiben.
Manchen Negerbefreiern fällt angesichts der rassistischen Rechtfertigungsideologie nichts besseres ein, als sich ihr mit falschen antiimperialistischen Phrasen anzuschließen: „Der ANC definiert den Gegner korrekt als die weiße(!) Vor(!)herrschaft und ihre imperialistischen Verbündeten; daher sollte jeder Revolutionär, ob schwarz oder weiß, an dem revolutionären Kampf zur Beseitigung der weißen Vorherrschaft teilnehmen.“ (SECHABA, Official Organ of the African National Congress of South Africa (ANC), vol.10, 1976) Und deshalb wird die Verschleierungstaktik der Weißen ausgerechnet da entlarvt, wo diese in Gesetzesformulierungen unverhüllt den ökonomischen Kern des Rassismus aussprechen: „Es ist offensichtlich, daß der Terminus »Klassen« nur deshalb anstelle von »Rassen« verwendet wurde, um sich nicht dem Vorwurf des Rassismus auszusetzen.“ (The Zimbabwe Review, Organ of the People of Zimbabwe {der rhodesischen ANC-Fraktion unter Nkomo, MSZ-Kollektiv}, vol. 4, 1975) Mit der Verwandlung des Negerschlachtens in ein Problem der „white domination“ steht die Umkehrung des Rassismus in ein Lob der Negernatur an, was nicht ohne entsprechende Beschimpfungen derer abgeht, deren Problem darin bestehen soll, daß ihnen vor sich selbst ekelt“ – weshalb sie eine Blackness-Bewegung brauchen: „Wir sagen damit zum schwarzen Mann: du bist o.k., betrachte dich wieder als Mensch.“(Stephen Biko, Black Peoples Convention (BPC), nach SZ 14.6.76) Die schwarzen Studenten der SASO (South African Students Organization), die in der Regierung mitmachen dürfen wollen und deshalb viel von zufriedenen Negern halten, kämpfen „als erstes für die psychologische (!) Befreiung der Schwarzen“ und sagen auch gleich dazu, wozu diese taugt. Die Negerproleten sollen ihr Elend souverän in ein Problem der Gleichheit und Gerechtigkeit im Staate verwandeln lernen: „Wir (!) verlangen, an der Regierung beteiligt zu sein. Das heißt (!), wenn es allen (!) schlechtgeht, kann es auch uns schlechtgehen. Wenn es aber einigen gutgeht, verlangen wir, daß es auch uns gutgeht.“ (Daß die Rassisten der RSA inzwischen glauben, solche Revolutionäre herumlaufen lassen zu dürfen, zeigt die kürzliche Haftentlassung Bikos.) So kann das SB leider auch in diesem Teil der Welt Gesinnungsfreunde entdecken, deren es aber, gar nicht bedurft hätte, um seine Sauereien loszuwerden: Nicht nur begeistert sich das kritische Solidaritätsbüro aus der Lederwarenstadt daran, daß den Schwarzen die Köpfe eingeschlagen werden – die Negeraufstände in den Townships waren nämlich keine Niederlagen, sondern ein „Akt der Herstellung der menschlichen Würde der Geknechteten“, worin letztere Zweifel an ihrem „Gleichberechtigung verhindernden »Untermenschentum«„ bekommen haben sollen und weiterkämpfen, um dadurch ein „Bewußtsein über die eigene Klassenlage“ zu gewinnen! – sondern auch am schwarzen Rassismus, der die Neger zu Menschenrechtlern prädestiniert: „Das Rassenklischee beginnt, gegen seine Urheber zu arbeiten.“' (In den Kämpfen der Befreiungsbewegungen) „wurde zunehmend bewußt, daß die Schwarzafrikaner weder »Untermenschen« sind noch notwendig unterlegen sein müssen. Der Beitrag der afrikanischen Befreiungsbewegungen zur Entstehung einer schwarzafrikanischen Identität kann gar nicht hoch genug bewertet werden.“ (links, Sozialistische Zeitung Nr. 80/ Sept. 76) Daß sich das SB keineswegs von der Tatsache beunruhigen läßt, daß ihre „schwarzafrikanische Identität“ die südafrikanischen Negerproleten derzeit verhindert, sich um die Voraussetzung für effektiven Lohnkampf zu kümmern – „Die schwarzen Arbeiter müssen die Freiheit haben, ihre eigenen Gewerkschaften – gut oder schlecht (!) zu verwalten: schwarze Gewerkschaften, geschaffen von Schwarzen für Schwarze und ohne die Einmischung von Weißen ... „ (Black and Allied Worker's Union, R 61) zeigt nur einmal mehr, daß Demokratiefans der Nutzen der Proleten scheißegal ist.
Im Gegensatz zu den schwarzen nützt den weißen Gewerkschaften ihr Rassismus: Das System der „Job Reservation“ das zum einen die Schwarzen weitgehend auf ungelernte Tätigkeiten beschränkt und zum anderen im Einzelfall das Zahlenverhältnis von weißen und schwarzen Arbeitern vorschreibt und so die Beschäftigung der höherbezahlten weißen Proleten absichert, verhindert, daß letztere sich der Konkurrenz mit den Negern aussetzen müssen. Erkämpft wurde die Civilized-Labour-Politik in der RSA von der Masse der „poor whites“, die sich vor allem aus der (infolge von Bodenspekulationen des britischen Finanzkapitals und Rationalisierung in der kapitalistisch betriebenen Landwirtschaft) verarmten burischen Bauernschicht rekrutierte und – in die Städte getrieben – als unqualifizierte Arbeiter von sozialem Abstieg auf das Lohnniveau des schwarzen Arbeitsviehs sowie Arbeitslosigkeit bedroht war: „ ... wir versuchen nun, den Kaffer aus jenen Bereichen der Industrie zu vertreiben, die unserer Ansicht nach die eigentliche Sphäre des weißen Mannes sind ... Da der durchschnittliche Kaffer zum Sklaven erzogen wurde, hat er kein Recht, wie ein freier Mann unsere Positionen an sich zu reißen oder uns aus den Minen zu drängen – wir haben ein Recht auf die »colour bar«.“ (Sekretär der South African Mine Workers Union, 1914) Die Parole, unter der das weiße Proletariat 1914 in der Revolte auf dem Witwatersrand gegen die Lohndrückerei der vom englischen Kapital beherrschten Chamber of Mines in Generalstreik trat – „Proletarier aller Länder, vereinigt euch und kämpft für ein weißes Südafrika“ – enthält die Einheit von Rassismus und falschem – da nationalistisch gegen das englische Minenkapital gewendetem – Antikapitalismus, mit der die weiße südafrikanische Arbeiterbewegung historisch eine wesentliche Triebkraft bei der Durchsetzung der RSA als gegen die britischen Kolonialinteressen selbständigem Staat bildete. Während in Rhodesien die privilegierte Stellung der wenigen weißen Facharbeiter bis heute unangefochten ist – eine Masse von Verelendung bedrohter weißer Proletarier konnte es hier auch nie geben – wächst dagegen in bestimmten Gewerkschaften der RSA die Bereitschaft, auch Schwarze aufzunehmen: „Wenn es um Solidarität zwischen weißen und schwarzen Arbeitern geht, gibt es viele Schranken ... Aber den (weißen) Gewerkschaften wird klar, daß sie von der Bildfläche verschwinden, wenn sie die schwarzen Arbeiter nicht organisieren ... die Arbeitgeber drängen die eingetragenen Gewerkschaften hinaus ..., weil sie sich sagen, daß man sich bei unorganisierten Arbeitern an nichts binden muß ...“ (Funktionär der Textilarbeiterschaft, Weißer, R 50 f.) Weil das Kapital ein Interesse an billigen ausgebildeten Schwarzen hat, die Job Reservation unterläuft und auf seine Weise Negeremanzipation betreibt, sind die weißen Facharbeiter in der RSA zunehmendem Konkurrenzdruck der Schwarzen ausgesetzt. Offensichtlich unterscheidet sich die Ökonomie der RSA trotz der aufgezeigten Gemeinsamkeiten wesentlich von der Rhodesiens.
(Rand Daily Mail, Pretoria) Die RSA ist ein industrialisiertes Land. Durch den Ausbau der Infrastruktur, Anreize für ausländisches Investitionskapital wie Restriktionen des Warenimports, Schutzzölle und Steuererleichterungen für inländische importsubstituierende Industrien gekoppelt mit Beschränkungen des Gewinnrücktransfers sowie die Tätigkeit der Industrial Development Corporation – deren Funktion sich mit der der Nationalbanken in der westeuropäischen ursprünglichen Akkumulation deckt: Bereitstellung von Geld zur Umwandlung in produktives (industrielles) Kapital, Aufbau nationaler Schlüsselindustrien wie der südafrikanischen SASOL – Anlagen zur Ölgewinnung aus Kohle – erreichte die regierende National Party, daß der Beitrag der verarbeitenden Industrie zum Bruttosozialprodukt der RSA heute den des Bergbaus um mehr als das Doppelte übersteigt. „Obwohl Südafrika ... gegenüber seinen Handelspartnern immer verantwortlich handeln wird, muß man sich vergegenwärtigen, daß wir versuchen werden, den größten Nutzen aus unseren Rohstoffen zu ziehen. Wir glauben, daß es falsch ist, Rohstoffe in unbearbeitetem Zustand zu exportieren ...“ (Sole, Botschafter der RSA, AK 15) Die staatliche Wirtschaftspolitik war für das Kapital der Zwang, seinen Schnitt anders und besser zu machen: daß heute aus der RSA Transistoren nach Japan exportiert werden, zeigt exemplarisch, wieviel sich aus billigen Negern herausholen läßt – sofern man sich diese nicht ausschließlich als unqualifiziertes Arbeitsvieh hält.
Das in der verarbeitenden Industrie der RSA investierte Kapital stößt also in der bisher praktizierten Form der Apartheid an eine Schranke seiner Profitmacherei: die „menschlichen Quellen“ (Oppenheimer, Vorsitzender der Anglo-American Corporation, im folgenden: AAC) in Gestalt billiger schwarzer Facharbeiter sind noch weitgehend unerschlossen, was die Unterlaufungspraktiken gegen die Job Reservation – Mittel hierfür ist die Aufspaltung von Facharbeitertätigkeiten in halbqualifizierte Komponenten – nur mangelhaft kompensieren können. So entdeckt das Kapital in der RSA den Nutzen demokratischer Ideale, zunächst der Gleichheit und Gerechtigkeit: „Uns fehlen Facharbeiter. Daher treten wir auch für eine ausgewogene Nutzung der Arbeitskräfte unabhängig von ihrer Hautfarbe ein.“ (AAC, R 36), weshalb es sich die Menschenfreunde auch nicht nehmen lassen, den Negern gewisse Chancen zu eröffnen: „BMW eröffnet ein Ausbildungszentrum für schwarze Arbeiter. Ausgebildete Arbeiter sind knapp und haben gute Chancen. BMW schafft mit der Schule ein Modell für das Industriezentrum Johannesburg.“ („Auch Werk Pretoria soll weiter wachsen“, bayern motor Nov. 76) Das Modellbauen hat auch den Vorteil, daß die weißen Facharbeiter, die ihre „weit überhöhten, inflationären Löhne“ (AAC, R 33) bisher ausnutzen konnten, um sich möglichst schnell abzusetzen, endlich in ihre Schranken verwiesen werden. Das Handelsblatt stellt mit seiner Drohung klar, daß der Ruf nach gleichen Löhnen für Schwarze und Weiße alles andere als idealistisch ist: „Weiße Facharbeiter sind an ihren gelernten Berufen oft nicht sonderlich interessiert. Ihre Motivation ist schlecht und häufig verlassen sie den gelernten Beruf nach wenigen Jahren ...“ („Die Schlüsselfrage Berufsausbildung“, 19.5.76) Wo es um die Demokratie geht, darf auch weder das Recht auf Mobilität fehlen – „Die Schwarzen sind alle Wanderarbeiter, wir investieren eine Menge Geld in ihre Ausbildung und kommen dennoch nie zu einem stabilen Arbeiterpotential. Das ist äußerst unökonomisch ... Wir brauchen ... ein einigermaßen stabiles Arbeiterreservoir, was selbstverständlich freie Wahl des Wohnorts für alle bedeuten würde.“ (AAC, E 35) – noch das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (weshalb auch Lady Oppenheimer in SOWETO eine wohltätige Kinderspeisung betreibt) – „Auf die Ernährung wird sorgfältig geachtet, aber ich möchte gleich hinzufügen: nicht etwa, weil wir ihnen zu gutem Essen Verhelfen wollen ... Es zahlt sich für das Unternehmen aus, wenn bei Leuten, die so eine schwere Arbeit erledigen, nicht an Essen, Arbeitskleidung oder Ausrüstung gespart wird, schon allein wegen der Sicherheit am Arbeitsplatz.“ (AAC, E 34) – und schon gar nicht das Recht auf gewerkschaftliche Organisation der schwarzen Proleten: „Wenn es ihnen aber weiterhin vorenthalten wird, werden sie zu anderen Mitteln greifen, zu wilden Streiks zum Beispiel, und die können ein totales Chaos hervorrufen.“ (AAC, E 37) Und daß bei der Etablierung fortschrittlicher Institutionen, die den Klassenkampf der einen Seite in nichtchaotischen Bahnen niederhalten und damit eine stabile Ausbeutung gestatten, mittlerweile schon gewisse Fortschritte zu verzeichnen sind, verkündet stolz der Chef des Hauses Siemens in der RSA: „Die Betriebsräte für schwarze Arbeiter funktionieren hier genauso wie bei uns.“ (SZ 5./6. Juli 75) Von den Freunden der Demokratie in der RSA gibt es also viel zu lernen, sowohl was hiesige Verhältnisse angeht, als auch ihre Idealisierung im Namen des Volksnutzens durch die Revisionisten. Letztere werden aber nichts lernen wollen, weil es ihnen um die Verwirklichung der schönen Staatsideale geht, die im Gegensatz zum Imperialismus stehen sollen, weshalb es sich bei den Vorgängen in der RSA nur um „Partielle Zugeständnisse“ (links, Sept. 76) der Herrschenden handeln kann
Der Profitmacher, dem die bisherige Form der Apartheid zur Schranke geworden ist, versäumt es nicht, die Identität seines Interesses mit dem der Obrigkeit an stabilen Verhältnissen zu betonen: Die Verwirklichung seiner zivilisatorischen Anliegen ist xd a s xMittel der Negerbefriedung und damit die Garantie für den Erhalt der RSA für den freien Teil der Welt. So sind dem Rassistenstaat gewisse Vorwürfe nicht zu ersparen: „Die Entwicklungen in Angola und Mosambik bilden für Südafrika Probleme, ... auch für die interne Politik. Es kann daher keine Überraschung sein, daß ein beachtlicher Teil unserer schwarzen Bevölkerung Sympathien für die Anstrengungen der Völker von Angola und Mosambik zeigt ... es ist besonders auffällig und beunruhigend, daß sie eine fast vollständige Ignoranz gegenüber der Rolle, die von kommunistischen Truppen und Beratern in Angola gespielt wurde, an den Tag legten ... Es ist eine Tatsache, daß die Schwarzen wirklich nicht ein Teil unseres freien Wirtschaftssystems sind ... Doch schnelles Wachstum ist notwendig, wenn schwarze Bestrebungen durchgeführt werden sollen ohne unangemessene Bedrohung der weißen Sicherheit. Einige Schritte in Richtung auf die Entfernung von Behinderungen und größere Teilnahme der Schwarzen wurden schon getan ...“ (Oppenheimer, Rede auf der Jahreshauptversammlung der AAC, Mai 1976) Der unzufriedene Kapitalist betont also 1. daß die Neger allen Grund zur Sympathie mit Befreiungsbewegungen haben, und darum darf 2. die Regierung nicht länger versäumen, sie für die Segnungen der freien Marktwirtschaft zu agitieren, weil 3. den Negern nichts so sehr fehlt wie eine ordentliche Ausbeutung, für die sich 4. die Regierung nicht genug stark macht, obwohl es in ihrem Interesse läge – was der Rassistenstaat schon gemerkt hat. Er gibt den Schwarzen Peter zurück: „Die Regierung hat jetzt ein gutes Beispiel gegeben. Die Hauptverantwortung muß jedoch beim Privatsektor liegen, der … manchmal versuchte, ziemlich unzutreffend(!) zu argumentieren, daß eine umfangreiche Ausbildung“ (der Neger) „der Innenpolitik der Regierung zuwiderlaufen würde.“ (Sole, AK 16) Mit dieser Lüge verweist die Regierung der RSA zum einen auf die Existenz von Kapitalfraktionen, für die schwarzes Arbeitsvieh gerade gut genug ist: Farmer, bestimmte Minengesellschaften, zum anderen gibt sie damit zu verstehen, daß sie sich zur Befriedung der Neger selbst schon einiges einfallen läßt. Worauf es hierbei ankommt, verdeutlicht die Stellung der RSA zu den Aufständen in den Negergettos, die von dem Versuch ausgelöst wurden, die Unterrichtssprache Englisch durch das hinterwäldlerische Afrikaans zu ersetzen: „Die Unruhen in den Vorstädten hatten zweifellos ihre Ursache in vielen begründeten Mißständen. Mit den wichtigsten davon hat sich die Regierung sofort beschäftigt … Die Unruhen wurden jedoch auch zweifellos initiiert, und die, die dafür verantwortlich waren, sorgten sich nicht in erster Linie um die Aufhebung von Mißständen für Schwarze. Sie waren eher bemüht, in Südafrikas Wirtschaft Chaos zu schaffen …“ (Sole, AK 17) Der Staatsmann trennt die Unzufriedenheit der Neger von der Form, in der sie sich äußerte, um zunächst klarzustellen, daß die Sorge der Neger um eine Ausbildung, die nachgefragt wird, durchaus ihre staatstragenden Aspekte hat (ebenso wie schwarze Politiker, die die „gefährliche Unausgewogenheit“ [Buthelezi] der Arbeitseinkommen sowie das Fehlen von Negerkapitalisten reklamieren), und um anzukündigen, daß sein Staat auf Gefährdungen seiner Stabilität weiterhin gelassen mit Maschinengewehren reagieren wird. So hat die Untergrundarmee des ANC bei ihrem trostlosen Anliegen, gegen den Ausbeuterstaat eine „Demokratie ohne Rassenunterschiede“ durchzusetzen, nichts Erfreuliches zu erwarten ... Auch auf anderen Gebieten kümmert sich die RSA darum, daß die politische Emanzipation der Schwarzen „auf der Basis eines schöpferischen Sich-Zurückziehens der Weißen“ (B 6) stattfindet: Auf der Turnhallenkonferenz zu Windhoek geht es darum, aus dem annektierten Südwestafrika (Namibia) durch das Ausspielen der ethnischen Gruppen gegeneinander einen schwachen Staat zu machen, der der weiteren Funktionalisierung des Landes als Rohstoffreservoir der RSA im Gegensatz zur SWAPO (South West African People's Organization) keinen Widerstand entgegensetzt. „Südafrika lehnt die Behauptung ab, die von seinen Kritikern aufgestellt wurde daß politische Unabhängigkeit mit wirtschaftlicher Lebensfähigkeit verbunden sein muß.“ (B 27) Mit den Häuptlingen, die sich von ihrer Marionettenrolle zur Konservierung der nützlichen Armut ihres Landes einiges versprechen und deshalb „die Anwendung von Gewalt ... mit dem Ziel, die bestehende Ordnung zu beseitigen oder ein neues System aufzuzwingen, aufs Schärfste verurteilen“ (Declaration of Intent, Turnhallenkonferenz) ist freilich so wenig Staat zu machen – „Die Delegierten sind zumeist politisch unerfahren. Sie werden nur langsam konstitutionelle Feinheiten begreifen, selbst mit Hilfe von Rechtsberatern.“(The Star, Johannesburg) –, daß der freie Westen „Zweifel am programmierten zügigen Geschäftsgang“ (Handelsblatt 21.4. 76) bekommt, die Monopolisierung des Marionettenstaates für den Nutzen der RSA befürchtet und daher – selbstverständlich mit der nötigen Vorsicht ! – eher auf ein Arrangement mit der SWAPO setzt, die auf die Dauer niederzuhalten zudem noch mit wachsenden Unkosten verbunden wäre.
Was Namibia erst werden soll, existiert mit der Transkei bereits: ein unabhängiges Homeland. Mit dieser „Verwirklichung eines langgehegten Ideals“ (Vorster) – dem der funktionalen Rassentrennung – steht vor allem eine Neubewertung der Terminologie an: Aus der Apartheid wird eine „dem Vielvölkerstaat angemessene Pluralität von Demokratien“ (Mulder, Innenminister der RSA), was den Vorteil hat, daß man zum einen sich die verbleibenden Neger als unzufriedene Staatsbürger vom Halse schafft, indem man sie zu Gastarbeitern erklärt, ohne auf das weitere Funktionieren der Zwangsrepatriierten als Billigstarbeiter zu verzichten. „Um an einer Reihe bestimmter und endgültiger Privilegien in der Republik teilzuhaben, müssen sie sich mit ihrer eigenen Nation identifizieren und durch die Annahme der Bürgerschaft ihres Vaterlandes bestätigen, daß sie ihre politische und nationale Erfüllung dort finden werden. ... Die Gebiete, aus denen sie kamen, sind ihnen niemals weggenommen worden; deshalb bleiben das ihre Vaterländer.“ (Die Volksblad, ESA) Die RSA sorgt mittlerweile für eine Kompensation der mit einem Wechsel der Anlagesphäre verbundenen Geschäftsunkosten und kalkuliert bei ihren Hilfsmaßnahmen zur Erschließung brachliegender Profitquellen das Nichtfunktionieren der Homeland-Ökonomie gleich mit ein. Und da, wie Vorster schon sagt, Armut und Unabhängigkeit keinen Gegensatz darstellen, unterstützt man das Kapital bei der profitablen Nutzbarmachung dieser Armut: „Das Planungsgesetz und das Dezentralisierungsgesetz ... sehen vor und fördern ... Niederlassungen und Investitionen in den sogenannten Border-Industriegebieten oder Grenzlandindustrien, Gebiete, die an bestehende Arbeitskraftreservate angrenzen bzw. Investitionen in den Bantu-Homelands. ...“ (AK 19) Die Einsetzung von Homeland-Staaten ist die Aufrechterhaltung der Apartheid mit demokratischen Prozeduren, die daher auch gewisse Eigentümlichkeiten aufweisen. Zum einen halten Rückversicherungen wie die Zuständigkeit des südafrikanischen Appellationsgerichtshofs für Berufungen gegen Beschlüsse der Transkei-Gerichte den Nationalismus der Negerführer in funktionalen Grenzen, und Matanzimas kokette Drohung, „wenn er freundschaftlichen Beistand aus China oder der Sowjetunion erhalten könne, werde er nicht umhin können ...“ (SZ 26.10. 76), stellt zudem klar, daß er in dieser Hinsicht prinzipiell kein Hindernis sein will. Zum anderen ist auch durch die Etablierung einer Negernation, „die für sie annehmbar und verständlich ist“ (Vorster, PAN 4) – die Häuptlinge und nach ihnen der älteste Sohn ihrer Hauptfrau stellen qua Amt die Parlamentsmehrheit der jungen Republik dafür gesorgt, daß sich der Nationalismus der dicken Neger als Mittel der Negerbefriedung bewährt: „Am bemerkenswertesten ist ... die Tatsache, daß sich die Transkei über Jahre hinweg das Fortbestehen der Tradition des Häuptlingssystems bewahrt hat und so eine geordnete Gesellschaft gewährleisten konnte. Die Stämme sehen im Häuptlingswesen ein vereinigendes Symbol, das ihrem Dasein einen realen Sinn gibt.“ (Oberhäuptling Kaiser Matanzima, Ministerpräsident der Transkei, PAN 5) Weil das Dasein der Neger staatlicherseits mit Sinn erfüllt wird, haben sie nichts zu lachen: In der Transkei existiert eine exklusive Schule für Häuptlingssöhne, Homeland-Führer reißen sich das zur Subsistenz der Zwangsverschickten nicht ausreichende Land für Exportplan tagen unter den Nagel und offerieren in westlichen Zeitungen dem „eigentlichen Lebensblut, das durch staatliche Adern fließt“ (Phatudi, Ministerpräsident von Lebowa, AK 27) – der Neger spricht vom Kapital –, „zahlreiche Rohstoffe und eine große Zahl von friedsamen Arbeitskräften“ (Anzeige der Transkei-Regierung, SZ 26.10.76). Die Lebensspender lassen sich dies nicht zweimal sagen: Auf der Rundreise einer BDI-Delegation durch die Homelands wurde über den „Bau neuer arbeitsintensiver Heimatländer“(Phatudi, AK 28) verhandelt, was das hiesige Journalistengesindel veranlaßte, den BRD-Imperialismus wieder einmal mit staatstreuen Anführungszeichen zu versehen. Der freie Westen hat allen Grund zur Zufriedenheit mit der RSA: Im „höchstindustrialisierten Land Afrikas“ ergänzen sich das Funktionieren der staatlichen Gewaltmaschinerie und die Modernisierung der Neger aufs Schönste zu einer Politik, die das Land dem Imperialismus als attraktive Anlagesphäre zu erhalten verspricht – wobei es sich noch sehr günstig fügt, daß die RSA wegen des Goldpreisfalls auf dem Weltmarkt zur Fortsetzung ihres Kurses mehr denn je auf den kontinuierlichen Zustrom von Auslandskapital angewiesen ist.
So sind weiterhin hohe Renditen zu erwarten, was der BRD-Kapitalist gleich ganz internationalistisch als Drohung gegen das westdeutsche Proletariat aussprechen kann. Es läßt sich nämlich einsparen: „Bei der Firma Rosenthal in Bayern ... verdient ein Arbeiter in zwei Stunden das, was mancher Bantu in einer Woche verdient. Für uns ist das eine sehr große Einsparung.“ (Geschäftsführer des Porzellanfabrikanten Rosenthal in der RSA, R 214) Auch die weitergehenden Perspektiven der imperialistischen Expansion in Südafrika sind daher zu allem anderen als der Bestechung der hiesigen Arbeiteraristokratie (Lenin, Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus) geeignet: Wenn die RSA sich mit dem Konzept des „Gemeinsamen Marktes“ im Subsahara-Bereich als Sprungbrett für die Erschließung neuer Absatzmärkte und Anlagesphären anbietet – „Südafrika weiß es zu würdigen, daß der Wohlstand und die Stabilität seiner Nachbarn auch in seinem Interesse sind. ... Kein anderes Land ist besser geeignet als Südafrika, um aktiv und direkt die Entwicklung auf dem afrikanischen Subkontinent zu fördern.“ (B 7) – und die Entwicklungshelfer zuschlagen – BMW-Lutz anläßlich der Eröffnung von BMW-Südafrika: man habe „auf lange Sicht mit diesem Schritt ganz Südafrika ins Auge gefaßt.“ (Handelsblatt 31.7.73) –, haben diese längst eine Rechnung angestellt, in der Arbeitslöhne, hier wie dort, als Unkosten und die Schwäche der Negerproleten in Sachen Arbeitskampf als Bedingung für Extraprofite vorkommen. Der Sozialpartner, auf den alles ankommt, widerlegt damit praktisch die staatstreuen Illusionen hiesiger Arbeiter, die sich von der Stärkung der nationalen Wirtschaft ihren Vorteil erwarten, an den außenpolitischen Sauereien ihres Staates deshalb vor allem den Luxus der Diplomaten kritisieren und mit ihren Gewerkschaften Verständnis zeigen, wenn die Kapitalisten in Tarifrunden den „äußerst harten Konkurrenzkampf mit Firmen aus Billiglohnländern“(SZ 3.1.77) – wozu sie offensichtlich ihre Auslandsfilialen zählen – zum Argument für Reallohnsenkung machen. Während Lenin mit seiner Bestechungstheorie zeigt, daß ihm an der Destruktion demokratischer Flausen gelegen war, wird die Parteinahme der Proleten für den Imperialismus von den Schulterklopfern des Proletariats, die sich heute auf ihn berufen, schlicht geleugnet: „Gegen diesen Besuch geht eine Welle der Empörung durch unser Land. Denn Vorster ist der Kopf eines Regimes, das Weiße zu Herrenmenschen und Schwarze zu . Untermenschen erklärt. ... Diese Politik stößt ... auf großen Widerstand der Arbeiter und Volksmassen.“ (Liga gegen den Imperialismus) Die Revisionisten bringen fertig, anläßlich des Vorster-Besuches in der BRD ausgerechnet die Ideale der ordentlichen Konkurrenz, mit denen sich die Proleten als Staatsvolk bewähren, zum Beleg für deren Antiimperialismus zu machen.
Vorster kann in Bonn und anderswo mit verständnisvoller Kritik und Entwicklungshilfe rechnen, weil sein Land, im Gegensatz zu Rhodesien, längst den ökonomischen Status einer nur für den Abtransport ihres „natürlichen Reichtums“ und als Absatzmarkt funktionalen, wesentlich auf extraktive Industrie beschränkten Siedlerkolonie überwunden hat. Der Grund hierfür liegt in der Geschichte der RSA von den Burenkriegen bis zur Lösung aus dem Commonwealth 1961: der Kampf der Buren um einen gewinnbringenden Platz innerhalb des imperialistischen Systems ist die Auseinandersetzung mit der Funktion als Rohstofflieferant, die ihnen der britische Imperialismus zunächst zuwies. Ging es im Burenkrieg, noch um das Festhalten der Siedler an ihrem Land gegen die Interessen der britischen Minengesellschaften, so haben die Nachfahren Ohm Krügers die Ausbeutung der Rohstoffe und ihre industrielle Weiterverarbeitung längst als profitabler als die Landwirtschaft erkannt und nach und nach selbst übernommen. Mittel und Ergebnis der Konstituierung der RSA ist die Industrialisierung des Landes mit den dargestellten Konsequenzen. Eine starke Fraktion der inländischen Bourgeoisie kümmert sich um die Beseitigung dysfunktionaler Formen der Apartheidpolitik – „Südafrika ..., wo Arm und Reich, Weiß und Farbig seit Generationen schicksalhaft verkettet sind, trägt die Probleme wirtschaftlicher Entwicklung bei ungleichen Voraussetzungen schon lange existentiell aus – mit all der Unzulänglichkeit und Schuldhaftigkeit, welche menschlichem Handeln eignet.“ (Deputy Director des African Institute, Pretoria, AK 24) –, weshalb die Agitatoren der imperialistischen Staaten zuversichtlich vor einer „Solidarisierung des Westens mit einem ungebrochenen(!) Apartheidsregime“ warnen, für Veränderungen „innerhalb eines angemessenen Zeitraums“ plädieren (SZ 24.6.76) und sich dabei in Bezug auf die RSA sicher sind: „Die Brücke von einem unzeitgemäßen Gestern zu einem fortschrittlichen Morgen kann der Wirtschaftsboom bilden.“ (Handelsblatt 1.10.75) Dagegen war die einseitige Unabhängigkeitserklärung Rhodesiens der Versuch, gegen britische Modernisierungsbestrebungen zur Überwindung der dysfunktional gewordenen kolonialen Vereinseitigung der rhodesischen Ökonomie diese Schranke für den effektiven Einsatz von internationalem Kapital aufrechtzuerhalten: Die weißen Rhodesier sind zur Sicherung ihres Wohlstands auf schwarzes Arbeitsvieh angewiesen, weil nur dieses die arbeitsintensiven Formen der Rohstoffausbeutung zu feinem lohnenden Geschäft macht, was andererseits zunehmend kostenintensiven Terror gegen die Befreiungsbewegungen voraussetzt – der „Verteidigungshaushalt“ Rhodesiens hat sich seit 1972 verfünffacht, die staatlichen Devisenvorräte sind aufgebraucht – und zum Ruin des Staates führen muß. Während sich in der RSA das Interesse der einheimischen Bourgeoisie mit der Funktion des Landes als Anlagesphäre des Imperialismus deckt, ist Rhodesien ein „Stolperstein“ (Handelsblatt 3.3.76), der ein „zweites Angola“ zu werden droht. Teepflanzer, die verkünden, daß sie selbst ihre Armee sind, und damit weder auf ihre Armee noch auf ihre Geschäftsaussichten ein gutes Licht werfen – „Wenn einer dieser blöden Kaffern sein Gewehr auf mich richtet, dann werde ich ihn mit Vergnügen umlegen.“(DIE ZEIT, 5.3.76) können deshalb im restlichen freien Westen ebensowenig Begeisterung erwecken wie rhodesische Strategiepapiere, die den Standpunkt Smith's bei seinen Verhandlungen mit Kissinger enthalten: „Nehmen wir drei hypothetische Fälle: B. Weiße Regierung, Afrikaner ohne Wahlrecht, aber mit 10 000 Gewehren bewaffnet. Resultat: C. Weiße Regierung, Afrikaner mit 10 000 Wahlstimmen bewaffnet, keine Gewehre. Resultat: Kissinger konnte dem gegenüber – bei allem Verständnis des Politprofis dafür, daß brutaler Terror gegen die Neger im Süden Afrikas zu den normalen Geschäftsbedingungen gehört, darauf hinweisen, daß A faktisch durch Gorillas mit Gewehren widerlegt wird, die, was B betrifft, nur durch massive Militärhilfe der imperialistischen Staaten niederzuhalten wären, was sich andererseits nicht auszahlt, weil die Stützung des rhodesischen Rassistenregimes die weitere Beschränkung ausländischer Investitionsmöglichkeiten bedeuten würde, weshalb man hinsichtlich C differenzieren müsse ... Es steht daher „das Drama einer weißen Minderheit“ an, „die widerstrebend begreift, daß ihre Zeit der Herrschaft abgelaufen ist“ (Frankfurter Rundschau 27.9.76) – wozu eine andere weiße Minderheit, die keinen Unruheherd im Nachbarstaat brauchen kann, unter dem Druck Kissingers entschlossen beigetragen hat: „Der größte Rückschlag jedoch für die weiße Minderheit in Rhodesien war der plötzliche Rückzug der schützenden Hand Südafrikas. Denn nur die südafrikanische Hilfe ermöglichte während der letzten 10 Jahre die reibungslose Ein- und Ausfuhr trotz weltweiter Sanktionen(?). Mit Hilfe von Briefkastenfirmen wurde aus »Made in Rhodesia« »Made in South-Africa«. ... Neuerdings äußern sich die Regierenden in Pretoria öffentlich ungehalten über Ian Smith, der sich stur wie eh und je weigere, eine schwarze Mehrheitsherrschaft für seinen Staat auch nur in Erwägung zu ziehen.“ (Handelsblatt 3.3. 76)
Es gilt, den rhodesischen Staat auszuwechseln, um seinen Nutzen für die freie Welt zu erhalten und zu verbessern: in Zukunft soll eine korrupte schwarze Oberschicht die Ausbeutung des Landes durch ausländisches Kapital zu ihrem Vorteil regieren. „Kissinger betonte, die USA behaupteten nicht, daß die Befreiungsbewegungen kommunistisch seien. Washington fürchte im übrigen diese Bewegungen nicht.“(SZ 17.9.76) Bei den Genfer Verhandlungen wird dafür gesorgt, daß ein schwarzer Nationalismus, der, als Staatsstandpunkt praktiziert, die Beschränkung des freien Kapitaltransfers, Verstaatlichung von Kapitalanlagen oder gar Handelsbeziehungen mit der Sowjetunion („Wodka statt Whisky“) bedeuten könnte, sich nicht durchsetzt, vielmehr der richtige Mann für einen anständigen schwarzen Faschismus nach innen und Ausverkauf nach außen etabliert wird. Deshalb enthält das Kissinger-Abkommen zur Bildung einer schwarzen Mehrheitsregierung auch gleich eine Klausel, die für den Notfall die Fortsetzung der Diplomatie mit anderen Mitteln ankündigt: „Mit der Bildung der Übergangsregierung werden die Sanktionen aufgehoben und alle Kriegshandlungen, einschließlich des Guerillakriegs, werden eingestellt.“ Ein rhodesischer Matanzima ist freilich leicht zu finden, der Bischof Muzorewa ist es sicher nicht; zu offen läßt er verlauten, worauf die Majority Rule in Rhodesien hinauslaufen soll: „Ein unabhängiges Zimbabwe braucht westliche Investitionen und die Erfahrung der Weißen.“(SZ) Solche Anbiederungen an den Imperialismus haben ihm selbst bei dessen Speichelleckern Spott eingetragen („Muzorewa geht in jede Falle!“), und da nützen ihm auch die schwarzen Massen nichts, die ihm, von den Missionaren aufgehetzt, in Salisbury zujubeln. Diese Anhängerschaft läßt sich auch zum Stimmvieh für Nkomo machen, der als Führer der ZAPU (Zimbabwe African People's Union) mittlerweile auch die richtigen Töne findet, um die Guerilla im Busch zu gewinnen, ohne den Westen zu verschrecken: „Wir sind von Natur aus ein sozialistisches Volk. Wir werden aus diesem Grund eine sozialistische Struktur schaffen, im Rahmen der Bedingungen von Zimbabwe. Im übrigen leben wir auf dem Planeten Erde und wer» den Elemente der Lebensart anderer Völker, die deren Wohlstand hervorgebracht haben, für unser System übernehmen.“ (Tagesanzeiger 12.11.76) Der dicke Neger, der sich mit Muzorewa darüber streitet, wer von welchem Industriekonzern in Genf die Hotelzimmer bezahlt bekommt, und sich nie von seinem Häuptlingsstab trennt, kündigt also an, daß er gegen segensreiche Wirkungen des Kapitals nichts einzuwenden, die Rückständigkeit des Volkes auch ihre guten Seiten hat und daß er unzufriedene Staatsbürger in Zukunft als Schädlinge wider die Volksnatur zu behandeln gedenkt. Mugabe, Guerillaführer und Sprecher einer Fraktion der ZANU (Zimbabwe African National Union) hat gegen solche Sprüche so wenig einzuwenden, daß er sich mit Nkomo zur Patriotischen Front zusammengeschlossen hat, was China-Fans (vgl. MSZ Nr.13/1976 „China als Großmacht“) beflissen als Verwirklichung der Volkseinheit und damit als Schlag gegen den sowjetischen Sozialimperialismus kommentieren: „Hinter den Forderungen der ZANU stehen die Volksmassen. ... Die Imperialisten und Rassisten hoffen, durch die Aufnahme von Leuten wie Nkomo in ihre »Übergangsregierung« den bewaffneten Kampf aufhalten und die imperialistische Herrschaft über Zimbabwe auch weiterhin sichern zu können. Die ZANU hat diese Manöver durchschaut und sie mit der Bildung einer Patriotischen Front mit der von Nkomo geführten ZANU beantwortet ...“ (Internationale Solidarität Nr,12/1976 – Organ der Liga gegen den Imperialismus) Mugabe, der sich von Nkomo dadurch unterscheiden will, daß er „wirklich für den bewaffneten Kampf“ ist, und im übrigen die Beschränktheit des einfachen Volkes verherrlicht, gesteht freilich, daß die Reisen Kissingers durch die „gemäßigten Frontstaaten“ die die Guerilla als Operationsbasis braucht, einigen Erfolg hatten: „... meine Herren, laßt uns den bewaffneten Kampf fortführen. Um das zu tun, brauchen wir die Zusammenarbeit mit der ZAPU ... Denn nur als ZANU wären die Frontstaaten nicht bereit, den bewaffneten Kampf zu unterstützen.“ (Internationale Solidarität, Nr.12/ 1976) Da Mugabe also ein nützlicher Idiot ist, steht der Verwirklichung der imperialistischen Pläne nichts im Wege: „Beträchtliche wirtschaftliche Unterstützung wird von der internationalen Gemeinschaft zur Verfügung gestellt, um den Rhodesiern Sicherheit hinsichtlich der wirtschaftlichen Zukunft ihres Landes zu geben. Ein Treuhandfonds wird außerhalb Rhodesien errichtet, der ein bedeutendes internationales Vorhaben organisiert und finanziert, das den wirtschaftlichen Möglichkeiten dieses Landes und den Auswirkungen der sich vollziehenden Veränderungen gerecht wird.“ (Kissinger-Abkommen)
Der Imperialismus kümmert sich auch darum, daß diesmal der richtige Neger an die Macht kommt, ohne vorher ein Chaos, wie im Kongo, inszenieren zu müssen. Die an die Weißen ausgezahlten Entschädigungen werden um so höher, je länger sie nach der Machtübergabe im Lande bleiben und dort das Funktionieren des Verwaltungsapparates gewährleisten, während der Streit um weitere Übergabe-Modalitäten – die weiße Besetzung des Verteidigungsressorts– England inzwischen hoffen läßt, seinen Teil an der Beute vergrößern zu können ... Gegen alle Revisionisten, die dem Imperialismus Fäulnis andichten, weil sie sich für nichts so sehr begeistern wie für die nationale Unabhängigkeit der Neger, ist also leider festzuhalten, daß er zur Zeit bestens funktioniert: 1. Sein Generalvertreter Henry Kissinger demonstriert, wie sich ein Rassist gegen andere ausspielen läßt, um die Geschäfte in schwarzen Händen neu und gewinnbringender zu ordnen, wobei 2. ausgerechnet die USA sich als Friedensstifter profilieren können, die in dieser Rolle den Platz der RSA in einem schwarzen Zimbabwe einnehmen können, womit 3. der Konkurrenz ein Schlag versetzt wird, der sie für die Wünsche und Interessen der westlichen Führungsmacht zwangsläufig gefügiger machen muß. Daß mittlerweile auch Frelimo und MPLA die politische Veranstaltung in Genf, auf der die imperialistische Neuordnung der südafrikanischen Verhältnisse beschlossen werden soll, akzeptieren, zeigt zum einen, daß auch Mosambik und Angola für den Imperialismus noch lange nicht verloren sind, und zum anderen, daß der Imperialismus nicht in Afrika geschlagen wird.
aus: MSZ 15 – Jänner 1977 |