Sport – sachverständig kommentiert
AMATEUR: ist man entweder wirklich und kommt dann nicht im Fernsehen vor (Ausnahme: Trimm-dich), oder man verzichtet darauf, die Geldscheine auf's Trikot zu nähen, was zu bevorzugter Behandlung im Fernsehen führt (–> Werbung) ANABOLIKA: (–> Staatsamateur) Mittel des sozialistischen Realismus; wird bei uns aus kulturellen und ästhetischen Erwägungen nicht abgelehnt, weswegen die Einnahmeverweigerer aus den Kadern fliegen. BOMBER: „Gerd muß als Persönlichkeit noch reifen“ (Kaiser Franz) „Gerd Müller hat sich mit seinen Toren um Deutschland verdient gemacht“ (Max Merkel) (–>Held) BUM KUN CHA, GERD: deutscher Bundesligaspieler, Spvgg Seoul Strikers CHAUVINISMUS: wenn man den –> Nationalismus merkt; machen die Österreicher, wofür man Verständnis haben muß
HART ABER FAIR: angebrachter Ausdruck, wenn das Blaulicht noch draußen bleiben konnte (–> Nur) HEISS MACHEN: Wenn der –> Trainer die Spieler in Daunendecken einwickelt HELD: wird während jeder Sendung mindestens einer entdeckt; Voraussetzung: eine körperliche Besonderheit, lang genug trainiert, glücklich zum Einsatz gebracht – in Zweifelsfällen genügt auch Glück allein (–> Bomber) (–> Spielerpersönlichkeit) INIVIDUALIST: im Westen ballverliebt, im Osten Systemgegner, darum nicht vorhanden. KAPITAL: gebräuchlicher als: „Aus einem Fehler des Gegners K. schlagen.“ Herkunft wahrscheinlich von der falschen Übersetzung des englischen „a fault of interest“ (interest = Interesse, aber auch: Zins). Ursprünglich ein Ski-Ausdruck, der auf Lord Kandahar zurückgeht, den dieser beim Urlaub in St. Anton/Arlberg prägte, nach seinem Sieg bei Kandahar über die Paschtunen und vor seiner Stiftung des Pokals für das nach ihm benannte Skirennen. Lord Percy wollte damit Fahrfehler von witterungsbedingten Zufallsstürzen abgrenzen. KINDERMANN: Repräsentant der –> Ordnung im Sport, die deswegen aufrechterhalten gehört, weil der Sport eine vorbildhaft ordnungsstiftende Funktion hat KONZENTRATIONSLAGER: Mißverständnis, Trainer Rühl meinte Konzentrationslager. MANNSCHAFT: Gegenteil von Kollektiv, weil Kameradschaft MEDAILLENSPIEGEL: enthält notfalls auch die Plätze 4 bis 6 und wird durch –> Staatsamateure und staatliche Schwerpunktmaßnahmen (cubanische Boxer!) verzerrt MITSPIELEN: interessantes Verhalten einer Mannschaft, trotz vorhersehbarer Niederlage den Platz nicht zu verlassen MOTIVATION: ohne sie geht nichts, denn an irgendetwas muß man sich doch klammern können, wenn man schon Sport treibt (–> Prämien, –> Sportpsychologe) NATIONALHYMNE: l. absolute Ruhe, während sie abgespielt wird, 2. muß man sich dazu stellen, entweder a) zustimmend mitsingen ja, mitsingen nicht nötig Kaugummi geschmacklos, Kaugummi geht, Grundstellung Rührt euch, oder b) (entfällt) NATIONALISMUS: daß es sich um ihn vor allem dreht, muß man folgendermaßen einfließen lassen: NECKERMANN: bekannter Dressurreiter (größte Erfolge auf Linsenhoff) Antwort des Versandgeschäfts auf Billigware des – Ostens (–> Sporthilfe), die es jedoch im rein geschäftlichen Bereich durchaus zu schätzen weiß. NOTBREMSE: sagt der Trainer muß man ziehen üben; in gewissen Situationen (noch vor der Strafraumgrenze) zeigt sich hier der Unterschied zwischen einem abgeklärten und einem unerfahrenen Spieler. NUR, der Schiedsrichter mußte ... 5 gelbe Karten zeigen: – hart aber fair, – Foul; Anwendung der Relativitätstheorie auf den Fußball. OIJOIJOI: (auch: AIJAIJAI): Spontaneität, die dem Zuschauer aus dem Herzen spricht (–> Tor); wird von seriösen Blättern als unfachmännisch kritisiert, von Massenblättern hingegen als erfrischend begrüßt. ORDNUNG: (–> Kindermann) erste Voraussetzung für Sport überhaupt („Bevor wir den Spielbericht zeigen, ein Blick ins Stadion: Wie wird die Polizei mit den Fans fertig?“) OSTEN: zwingt uns zu –> Neckermann PHILOSOPHIE, SPORT-: in der modernen Welt muß man um des Fortschritts willen auch im Sport so manche Beeinträchtigung hinnehmen. POLITIK, SPORT UND: haben nichts miteinander zu tun, weswegen ausführlich darüber berichtet werden muß PRÄMIEN: im bezahlten und unbezahlten Sport immer zu hoch oder zu niedrig (–> Motivation) PROFIEINSTELLUNG: leidiges Problem: ermöglicht einerseits höchste Leistungen, führt andrerseits aber auch zu dem aus der Arbeitswelt bekannten Phänomen der Langeweile (–> Philosophie, Sport und) SCHIRI: überfordert SKANDAL: wenn einer den Sport zu ernst nimmt, und dabei erwischt wird (–> Trick, erlaubter) SPIEL, DAS MAN AM BESTEN SCHNELL VERGISST: langweilig, aber mit Glück gewonnen. SPIELERPERSÖNLICHKEIT: –> Individualist, der dies zugunsten höherer Werte vergessen läßt SPIEL, SCHLECHTES: langweilig und verloren SPORTARTEN, VERRÜCKTE: machen entweder die anderen, oder sie sind dann keine mehr, wenn man selber einen guten Verrückten hat; Beispiele: Win-Thierschießen, Mit Kannen Berggehen SPORTHILFE: die Antwort der freien Marktwirtschaft, der Sand im Getriebe der Roboter (–> Staatsamateure) SPORTPSYCHOLOGE: ohne ihn geht nichts (–> Motivation) sozusagen der nationale Obertrainer, weil man von ihm lernt, wie die Schützlinge zu motivieren sind ; ein guter –> Trainer muß in erster Linie so einer sein STAATSAMATEUR: Gemeinheit, die zwangsläufig zu roboterhaftem, schematischen Spiel führt TAKTIK: wird entweder glänzend befolgt, oder bringt das Spiel zum Verkrampfen TRAINER: begeistert die Mannschaft oder nicht; braucht eine Lizenz, weil seine Tätigkeit nicht ungefährlich ist – für die Trainierten; er selbst ist durch Schleudersitz im Trainerkarussel abgesichert TRICK, ERLAUBTER: wenn man den Sport ernst genug nimmt, auch gegen ihn zu verstoßen – und dabei nicht erwischt wird TOR: muß in sachlichem und leicht entsetztem Ton gesagt werden, wenn der Gegner es schießt; empfehlenswert eine Anmerkung über a) Notwendigkeit b) Unnotwendigkeit c) Fehler, den die Hintermannschaft beging (–> Tore) TORE: resultieren grundsätzlich aus Fehlern und hätten sich verhindern lassen; ist so schnell kein Schuldiger zu entdecken, läßt sich auch von schönen Toren sprechen VIEL, ES GEHT UM: Garantie dafür, daß auf dem Kampfplatz verständlicherweise viel Kampf und wenig Spiel stattfindet WERBUNG: fürs Fernsehen immer ein Grund, die Sendung abzusetzen, weil W. in die festgesetzten Sendezeiten gehört; Ausnahme: „Dies ... war eine Werbung für den Sport.“ WIR: ein dem Sportreporter von den anderen aufgezwungenes besitzergreifendes Pronomen WURTZ, ROBERT: läuft neben den Spielern her und feuert sie an (–> Schiri, –> Motivation)
aus: MSZ 32 – Dezember 1979 |