Frankfurt am Main: Haus geräumt, fortgeträumt
Weil die Hoffnung, daß alle, die von Sorgen mit ihrer Wohnung „betroffen“ sind, ihren bislang verschütteten Spontaneismus entdecken würden, sich als trügerisch erwies, und die Sponti- Bewegung parallel zur Entstehung des Modells Deutschland überhaupt in die Defensive gerät und als Sympathisanten-Nährboden bekämpft wurde, beweist sie sich nun als anpassungsfähig.
Dies also das Muster dafür, wie künftighin der „Häuserkampf“ auf dem Programm der Spontis ’78 steht. Daß er nicht den ganzen Tatendrang der Szene absorbiert, macht nichts aus, denn zu tun gibt's genug. Und alle Aktivitäten sind genauso modernisiert wie der Häuserkampf: – Man macht antifaschistische Demonstrationen nach dem Motto „NPD raus aus Frankfurt“, um die „liberalen Traditionen“ der Mainmetropole nicht in den Schmutz ziehen zu lassen. – Man macht mit beim Landtagswahlkampf der „Grünen Liste Hessen“. Und der „unvermeidliche“ rote Dany tritt von seinem Listenplatz zurück, nachdem an seiner Kandidatur zuvor schon das Bündnis mit der GLU gescheitert war, und betont, er betrachte diesen Schritt als Selbstkritik, da mit der Diskussion über seine Kandidatur die Auseinandersetzung um die Inhalte des Wahlprogramms der GLH überlagert worden sei. – Man begrüßt Anlässe wie Bahro oder den Jahrestag des sowjetischen Einmarsches in die CSSR begeistert als Gelegenheit, um endlich mit dem alten Mißverständnis aufzuräumen, die Linken hierzulande hätten etwas gegen die Zustände hierzulande. So mache der AStA zusammen mit der Listy-Zeitung eine Demo zur sowjetischen Militärmission mit der Begründung, daß die „offensive Verteidigung(!) der Menschenrechte (!) in Ost und West mehr(!) als eine moralische Pflichtübung“ sei. – Und im übrigen richtet man sich an der Uni ein, und mit Abhandlungen über den „neuen Sozialcharakter“ der Studenten, die mit monströsen Psychologismen vom „Narzißmus“ bis zur „Mutter-Kind-Dyade“ die Unmöglichkeit von Angriffen auf die Gesellschaft rechtfertigen sollen, läßt sich durchaus heutzutage eine akademische Karriere ansteuern.
aus: MSZ 25 – Oktober 1978 |