Erfolgsratgeber für den Beruf: Idiotenführer für Gerne-Große „Alles ist erreichbar. – Einmal am Tag nehme man sich dieses Buch mit etwas Papier und einem Bleistift vor, konzentriere sich für wenige Minuten – und bald schon werden sich die erstaunlichsten Ergebnisse einstellen. Der Lebensweg des Autors selbst – einst Tellerwäscher mit Übergewicht, heute drahtiger Erfolgsautor – spricht für die Brauchbarkeit seiner Erfolgstechniken.“ Wer’s nicht soweit bringt, daß er vom Verkauf seiner Unverschämtheiten leben kann, ist also selbst schuld – hätte er beizeiten den Bleistift gespitzt und abgespeckt! Auch wo die Ratgeber ausplaudern, daß die beruflichen Aufstiegsprobleme anderen Ursachen entspringen als dem Leibesumfang der Individuen, ja, daß sogar die Karriere in umgekehrter Richtung wesentlich schneller vonstatten geht – „Der Karriereschock, verursacht durch die Notwendigkeiten des Wechsels von Beruf und Arbeitsplatz, wird immer größer“ –, sprechen sie die „Verantwortung für Erfolg“ stets dem einzelnen zu: „Wenn Sie Ihr »Glück« planen, können Sie es auch finden“. Dabei will es ihnen partout nicht auffallen, daß trotz weitverbreiteter Lektüre ihrer Erfolgsanweisungen die Chefetagen keineswegs aus den Nähten platzen und noch nicht einmal auf Abteilungsleiterebene größere Ansammlungen von Erfolgsmenschen gesichtet worden sind.
Wer auf die Frage, ob er in seinem Beruf Erfolg habe, antwortet, er verstehe sich gut auf kaufmännisches Rechenwesen, gilt als naiv. Und nicht zu unrecht – mit derlei Künsten bringt man es noch lange nicht zu was, worüber die Ratgeber stets Klarheit schaffen: „Hier wird von Erfolg und Karriere gesprochen, nicht von Spitzweg-Gestalten, denen die Tätigkeit selbst mehr bedeutet als das Ziel.“ Nach ihrer originellen Auffassung bildet Fachwissen nachgerade ein Hindernis auf dem Weg nach oben: „Warum Fachwissen schadet: Hier kommt die zweite Bedeutung des Schustersprichworts zum Tragen: Bleib bei deinem Leisten, denn dort braucht man dich. Ein fähiger Laborchef wird für seine Karrierepläne auf wenig Gegenliebe bei seinen Vorgesetzten stoßen ...“ Über das Volksvorurteil, Leistung mache sich noch stets bezahlt, sind die so ungemein lebenspraktischen Psychologen längst hinaus. Angesichts des bekannten Sachverhalts, daß langjährige treue Dienste in der Buchhaltung durchaus nicht das Aufrücken in den Vorsteherposten unausweichlich machen, leisten sie sich den kühnen Gedanken, daß Hochkommen eine Qualifikation und Kunst ganz eigener Art sei, die ganz unabhängig vom jeweiligen Job, den man zu verrichten hat und dessen Anforderungen, gelernt werden müsse.
Das Individuum ist hier als Erfolgs-Ich gefragt. Daß ein solches in jedem steckt, Mißerfolg also einzig das Resultat noch nicht entdeckter Fähigkeiten ist, läßt sich mittels „praxisnaher Checklisten“ eindeutig ermitteln. Also den Bleistift spitzen und „Anforderungs- und Leistungsprofiltabellen“ ausfüllen. Zwar weiß man auch ohne solche Kritzeleien ganz gut, daß Buchhalter rechnen können müssen; aber noch jeder Buchhalter kann durch sie lernen, daß er ein Zickzack von Fähigkeiten ist, dessen Tiefpunkte der Aufstockung bedürfen (Belastbarkeit nur mittel? Detailfreudigkeit schlecht??). Wer immer noch „Alles“ und „ohne besondere Lesetechnik“ liest, der sollte „systematisch vor Beginn am neuen Arbeitsplatz diese besseren Methoden trainieren“; „Selektives Lesen“ (jede dritte Seite?), „Farbmarkieren“, „Unterstreichen“. Mit dem Filzstift in der Hand kann’s dann nur noch aufwärts gehen, während „mit den Methoden der Väter heute kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist“. Die Fähigkeitsdiagramme decken natürlich nicht nur Lücken der Art auf, daß jemand aus lauter menschlicher Gewohnheitstierigkeit noch nicht gemerkt hat, daß es Taschenrechner gibt, und daher immer noch stundenlang kopfrechnet, sondern sie bieten auch Positives, nämlich „Anhaltspunkte für das Erkennen der eigenen selbstmotivierten Fähigkeiten“. Doppelt genäht – „eigene“ und noch ,,selbstmotiviert“ – hält am besten: wenn zur Fähigkeit sich noch die Neigung gesellt, ist der Aufstieg schon geritzt: „Die Kenntnis Ihrer Stärken ist eine Brücke zu der Art von Leben, wie Sie es sich wünschen.“ Die kleine Lüge, daß einer gerne an seinem Auto herumbastelt, hätte keinen anderen Grund als eine Lackiergetriebewechselabschmierausbeulfähigkeit, die sich unbedingt (da „selbstmotiviert“) äußern wolle, dient hier dazu, den Erfolg als Resultat der zielstrebigen Demonstration der an sich selbst ermittelten Fähigkeiten zu verkaufen. „Stellen Sie bei Ihren Bewerbungen ein bis zwei Eigenschaften heraus, in denen Sie über dem Durchschnitt liegen – aber achten Sie darauf, daß es auch gefragte Eigenschaften sind“, (sonst hat man zwar den Erfolg aktiv erarbeitet, aber der stellt sich nicht ein, weil ihm – leider – keine Nachfrage entspricht.)
Überhaupt kennen sich die Psychofritzen auf der Welt aus, schließlich beziehen sie diese laufend in ihre ausgefeilten Strategien ein: „Wichtig ist, daß sie einen gepflegten Eindruck machen. Scheuen Sie sich deswegen nicht, vor dem ersten Arbeitstag noch einen Friseur aufzusuchen.“
Wie die Ratgeber auf solche Listen verfallen? Sehr einfach: sie brauchen sich nur anzusehen, was die arbeitende Menschheit Tag für Tag praktiziert, um über die Runden zu kommen. Arbeitet man dann einfach mit der Unterstellung, daß die Leute das gerade nicht praktizieren, beim Vorstellungsgespräch unrasiert ihre Schwächen enthüllen, ständig „Bäh, ich bin dagegen!“ murren und in den Atempausen den Chef anbrüllen, dann läßt sich aus dem, was sie sowieso machen, eine Psychotechnik drechseln: Befolge unsere Verhaltensregeln, -taktiken, -Strategien, und du bist erfolgreich! Falls nicht: „Nehmen Sie ein Blatt Papier und zeichnen Sie mit äußerster Konzentration 238 Strichmännchen ein. Vergessen Sie die Welt um sich herum. Wenn sie jetzt noch immer wütend sind, dürfen sie den Strichmännchen mit einer Nadel auch die Augen ausstechen. Aber bitte genau zielen und nicht zittern! Falls das auch nicht hilft, versuchen Sie über ihren Ärger einfach zu lachen.“ – einfach!
Getreu ihrer Logik, daß der Erfolg eines Individuums sich aus dem Äußern seiner Fähigkeiten ergibt, kommen die Psychofritzen noch stets dazu, die weniger steilen Karrieren ihrer Leser darauf zurückzuführen, daß sie ihre Fähigkeiten nicht weit genug aus sich heraushängen lassen würden: Selbstdarstellung soll den Erfolg verbürgen.
„Technik des gezielten Understatements: Bewußt wird auf einem Gebiet, auf dem man sehr wohl bewandert ist (oder auf das man sich vorbereitet hat), tiefgestapelt. Dieses Kontrastmittel täuscht allgemeine Neigung zum Understatement vor. Der Außenstehende muß nun glauben, der Tiefstapler untertreibe generell, und wird dementsprechend die Fähigkeiten eines solchen Mannes auf Gebieten, wo dieser sich auch nur als einigermaßen fit bezeichnet, für grenzenlos halten.“ Ohne ein gewisses Maß an Angeberei geht es freilich kaum, nur ist die Logik, der sich die zitierte Technik rühmt, so invers, daß sich mit ihr vor allem ein Erfolg erzielen läßt: zum Betriebsnarren zu avancieren – und solche pflegen sich moderne Unternehmen nicht zu leisten. Ist Erfolg ausschließlich das Ergebnis gekonnt eingesetzter Mätzchen, dann heißt es, den eigenen Korpus an die Kandare zu nehmen – beim body talk darf man sich keine Versprecher erlauben: „Diese Nachlässigkeit in der Haltung, die Unreife der Bewegungsdisziplin ist kein Zufall, sondern Ausdruck der mangelnden seelischen Disziplin. Das Ziel solcher Menschen muß es sein, ihren Körper in ihre Gewalt zu bekommen, um ihm nach außen den bestimmten geschlossenen Ausdruck zu verleihen (Als Studienobjekt empfiehlt sich John Wayne!). Man übe einen bestimmten festen Gang, ohne sich dabei zu verspannen, ein wohlbeherrschtes Aufsetzen der Füße und überlasse die unteren Extremitäten nicht der zufälligen Laune.“ Keiner hat es je zu etwas gebracht, der durch unbestimmt weichverspanntes Fersenschlenkern verriet, daß seine Seele disziplinlos in ihm rumbummelt! Daher ist die Wurzel allen Übels auch in der oberen Extremität zu suchen: „Der Feind steht drinnen!“. Es gilt, einen „Kurplan zur Stärkung des Willens“ anlaufen zu lassen. Der Wille ist natürlich gar nicht schwach (Batterien ausgelaufen?), sondern soll sich ganz in sich zusammennehmen, um als Antriebselement für den puren positiven Leistungshengst zu rotieren. Und dafür, daß die „schwachen“ Nerven den „starken Willen“ keinen Strich durch die Rechnung machen, gibt es auch ein Rezeptchen: „Autosuggestionsformel: Ich bin völlig ruhig, völlig ruhig (vöööllig ruuuuhig!). Im entscheidenden Augenblick werde ich völlig gelassen und innerlich gefestigt jeden Widerstand überwinden.“
In der Praxis gilt es nun, den andern gegenüber seine Erfolge zu erringen: ,,Menschenkenntnis kann (will sagen: muß) man lernen“, etwa vom Spezialisten für Psychodynamik: „Kleinste Zeichen verraten oft alles. Freche Menschen fallen durch ihren aufdringlich-fixierenden Blickkontakt sofort auf. Schwächlich-Eitle bleiben im allgemeinen in der Sphäre der leeren Pose. Der Kopf ist weich geneigt, der Blickkontakt voll... Oft lächelt ein solcher Mensch vor sich hin und spielt lässig mit den Händen.“ Daß schwächlich-eitle Figuren nicht gerade halsstarrig herumsitzen (im Gegensatz zu Stärklich- Eitlen?), mag ja manchem einleuchten. Wie der Blickkontakt eines solchen Menschen beim Vor-sich-hin-Lächeln voll und in der Sphäre der Pose zugleich leer ist, ist schon eher ein Rätsel. Dieses klärt freilich, was es mit den kleinsten Zeichen auf sich hat: der tagtäglich praktizierte Versuch, den lieben Mitmenschen ihre Brauchbarkeit an der Nase anzusehen, um auf diese Weise den Willen des anderen auszukalkulieren, läßt sich nämlich nicht in eine Wissenschaft von Zeichen und Bedeutung verwandeln, ohne Blödsinn zu werden. Der Psychologe will von allem, was zwischen den Leuten läuft, nichts wissen, wenn er seine charakterologischen Gleichungen zwecks Kenntnis und Benutzung der „Menschen“ ausbrütet: Gefurchte Stirn + wackelnde Ohren + rhythmisches Mitschwingen der Hüften = ???
Die Anwendung solcher Kenntnisse darf natürlich nicht weniger diffizil sein: „Der auf diese Weise Behandelte merkt bald, daß man ihn ausnutzen will. Selbst ein ausgesprochen dummer Mensch hat helle Augenblicke, auch der Eitelste durchschaut gelegentlich die Schmeichelei... Glücklicherweise gibt es eine andere Art der Menschenbehandlung. Sie geht darauf aus, den Menschen als Ganzheit zu erkennen, nicht bloß in seinen Schwächen, sondern auch in seinen Vorzügen und Möglichkeiten.“ Praktischer geht’s nun wirklich nicht mehr: Allzu leicht läuft man doch Gefahr, einem Blinden weismachen zu wollen, man bewundere seinen Sinn für Farbzusammenstellung. Merke: Nie jemand für dümmer verkaufen, als man selber ist! Ferner gewöhnt sich ein ,,kluger und sicherer Menschenbehandler“ nie einen herrischen Tonfall an, sondern ist stets bestrebt, „so sympathisch und gewinnend wie möglich zu sprechen, wie es ohne Aufgabe der notwendigen Festigkeit möglich ist.“ Zwar scheitert im Leben manch gewinnendes Auftreten daran, daß die Festigkeit, mit der einer sein Interesse vertritt, dem Gegenüber gar nicht sympathisch ist. Doch gegenüber einem Psychologen kann man sich auf solche Gegensätze im Willen der Leute nicht herausreden, denn er vertritt rein die Ideologie des „Umgangs mit anderen Menschen“.
Brisant, brisant! Kalle Tipperich, dessen gute Argumente für eine Gehaltserhöhung seinem Abteilungsleiter gar nicht schlüssig vorkommen, hat jetzt also eine scharfe Waffe in der Hand: besser garnieren, da und dort ein schmückendes Beiwort, dann ... Ja, dann wäre es wohl an der Zeit, den beharrlichen Abteilungsleiter mittels der „korrekten Einwandbehandlung“ auszuheben: „Es ist Ihnen selbstverständlich freigestellt, Schwerpunkte herauszugreifen, abzuschwächen, hinzuzufügen, zu interpretieren. Wichtig ist nur, daß eine Entgegnung überhaupt aufgegriffen wird. Sonst fühlt sich der Gesprächspartner übergangen ...“ Dies ist schon eine gekonnte Darstellung der Höflichkeit. Und natürlich brüsten sich die Psychoratgeber damit, den Leuten die tagtäglich – nicht sonderlich erfolgreich – praktizierten interessierten Mißverständnisse – „Wolltest du uns nicht die Hamburger holen?!“ – als wer weiß wie ausgekochte Erfolgstechniken zu verkaufen, über die Wirksamkeit kann Kalle ja nicht lange im Unklaren bleiben, wenn er loslegt: „Sie meinen also eigentlich, werter Herr Direktor, daß ich die Gehaltserhöhung im Grunde doch verdient habe ...“ Übergangen kann sich der Chef dann jedenfalls nicht fühlen? Weil ,,höfliche (!) Argumente“ nur „weiche und elastische“ Hinterhältigkeiten sind, muß man aus Unhöflichkeit selbstverständlich auch eine Psychotechnik machen: „Doch gibt es Fälle, wo das Zuspätkommen geplant ist. Es schafft Ungeduld, gesteigerte Erwartung, Zeitdruck, Spannungen.“ Wenn so ein Rat unter der Überschrift „Wie setzt man Argumente ein?“ erteilt wird, dann ist das schärfste Argument immer noch die Anweisung, bedingungslos zu konkurrieren: „Ein Aufruf für angestellte Senkrechtstarter müßte etwa folgende Thesen enthalten: 1. Verunsichert eure Vorgesetzten. Gebt ihnen täglich Beweise, daß sie verkalkt, unbeweglich und körperlich abgeschlafft sind. 3. Zwingt ältere Konkurrenten und Vorgesetzte permanent dazu, körperlich und geistig Raubbau zu treiben. »Einen doppelten Whisky vertragen Sie bestimmt noch!«.“ Ungeschickterweise beruht diese Strategie auf dem Sich-Dumm-Stellen gegenüber der Tatsache, daß es immer noch die Vorgesetzten sind, die so gepiesackt werden sollen. Nun weiß auch der Ratgeber, daß noch keiner durch seine Stärke im Whiskytrinken Topmanager geworden ist. Doch was soll’s, will er doch nur die Lüge anbringen, man hätte schon dadurch Erfolg, daß man ständig als widerlich jungdynamisches Kraftbündel herumhopst.
Aus der Tatsache, daß Erfolg in der Konkurrenz auf Kosten der anderen errungen wird, läßt sich auch ein ganzes Buch machen, man muß sie nur süffisant genug vortragen: „Dieses Buch deckt die Elementartatsache auf, daß allein diejenigen, die so tun, als täten sie etwas, mit dem Rolltreppeneffekt nach oben kommen. Lernen Sie umgehend bei Paturi, wie man am wirkungsvollsten die anderen für sich arbeiten läßt ...“ Dies Verhältnis der Ausnutzung soll auf einem „Effekt“ beruhen, in den man sich nur einzufädeln habe. Wer’s nicht tut, ist selbst schuld: „Wird ein Mensch, der Tag für Tag hart arbeitet, durch seine Tätigkeit schöner? Ist ein mit den Jahren bucklig und plattfüßig gewordener Sackträger hübsch? Die deutsche Frau sucht den Playboy, und dieser will selbstverständlich ebenfalls keine abgerackerte Gespielin ... Das alles verträgt sich keineswegs mit Arbeit. Wer annimmt, daß man durch Arbeit reich werden kann, unterliegt einem weit schwereren Trugschluß als jener, der glaubt, vom vielen Essen werde man dick.“ Den Trugschluß zitiert dieser saubere Realist, um ihn umzudrehen: weil man durch Arbeit nicht reich wird, soll man es durch Nicht-Arbeit werden. Seite Leitfrage „Was muß ich nicht tun, um erfolgreich zu sein?“ ergänzt Paturi durch die beiläufige Enthüllung des wahren Erfolgsgeheimnisses: „Wer reich auf die Welt kommt, dem bedeutet Erfolg kein Ziel, sondern eine Selbstverständlichkeit“ – natürlich nur, um zu betonen, daß es auf diesen Grund bei geschicktem Verhalten überhaupt nicht ankommt.
Während das HB-Männchen mit seiner Form des Rolltreppeneffektspruches „... und es geht alles wie von selbst“ wenigstens noch Zigaretten anbietet, koppeln die Erfolgsratgeber dieselbe Lüge mit der Aufforderung, in seiner Freizeit an sich selbst Erfolg zu erarbeiten. Was sie dabei an Empfehlungen ausbrüten und was in der Konfrontation mit der beruflichen Realität ziemlich albern aussieht, ist nichts anderes als die ganz praxisnahe Konkretion aller zentralen Teile der anerkannten und respektierten psychologischen Weltanschauung, – angefangen von der Motivation über gebremste Aggression, Selbstbewußtsein und -Verwirklichung bis hin zur Körpersprache –, deren Dummheit in ihrer gelehrten Form niemand bemerken will. Ausgestaltet zu Techniken der Berufskarriere verdolmetschen sie nichts anderes als die vulgäre Theorie des normalen Konkurrenzlers, der gelernt hat, das Resultat des Vergleichs, dem er unterliegt, als Funktion seiner eigenen Leistung, Fähigkeit etc. sich zuzuschreiben. Schmeichelhaft sind sie damit fürs Selbstbewußtsein derjenigen, die sich auf Erfolg berufen können und sich bei der Lektüre, an ihrem tollen Umgang mit sich und der übrigen Menschheit ergötzen. Oben angekommen, ist es angebracht, das Ganze heiter-ironisch anzugehen: „Funktionieren Sie das Odium landläufiger Tüchtigkeit um in das strahlende Image des souveränen Allroundman“. Im übrigen findet sich immer irgendeine erfolgshungrige dumme Kuh, die der Verlagswerbeabteilung begeistert die erfolgreiche Anwendung dieser Erfolgsrezepte mitteilt: „Nachdem eine Frau drei Wochen lang meinen Kurs besucht hatte, sagte sie mir: »Ich konnte eines Abends 1 Stunde lang nicht einschlafen, weil ich von guten Ideen förmlich überflutet wurde, die aus dem Unterbewußtsein auf stiegen ... Alte Kleider assortieren und weggeben. Ein neues Adreßbuch anlegen.«“ (aus dem Unterbewußten!) Es geht also nicht um Erfolg, sondern unterm Strich bleibt die im praktischen Gewand verkleidete Ideologie des Erfolgs. Leider können wir deswegen dem erfolgreichen Erfolgsautor den Vorwurf nicht ersparen, daß seine Erfolgsrezepte auch nicht durchschlagend sind. Also dann, nicht vergessen: „Gedanken sind Feuer. „Legen Sie ein Tagespensum fest. Vergeuden Sie keine Zeit. Benutzen Sie das Telephon (statt Rauchzeichen zu geben)!“ „Um nicht fehlzugehen, muß man vorwärtsschauen und nicht rückwärts!“ (Im Gegensatz zu unseren sonstigen Prinzipien meinen wir, beim letztgenannten Erfolgsrezept nicht verschweigen zu können: es handelt sich um den Erfolgstypen Josef Stalin, den seine Forschungen „über dialektischen und historischen Materialismus“ zur Entdeckung dieser erstaunlichen Regel führten.)
aus: MSZ 33 – Januar 1980 |