In Argentinien ein Putsch


Von der internationalen Bourgeoisie mit unverhohlener Freude begrüßt und im Lande selbst allerseits erwartet – die Beute der Korruption war von den Paladinen Isabels längst außer Landes geschafft worden – ergriffen die Gorillas in Argentinien am 24. März die Macht. Von der bürgerlichen Journaille konnten sie allenthalben als sanfte Wiederhersteller der Ordnung gefeiert werden, weil ein bankrottes Regime ihnen „die Macht wie eine reife Frucht zufallen ließ“ (Frankfurter Rundschau vom 25.3.), die Sofortmaßnahmen der Junta (Massen-Verhaftungen, Verbot „linksextremer“ Parteien, Säuberung des Staatsapparates von „subversiven Elementen“) demonstrierten, daß sie „ihre Pflicht erfüllen würde“, ohne daß es bereits bei ihrem Machtantritt zu ähnlich häßlichen Bildern kam, wie sie Pinochet und Co. selbst bei den westlichen Gegnern der chilenischen Volksfront kompromittierten. Das Anfang April bekannt gewordene Wirtschaftsprogramm der Generäle um den neuen Staatschef Jorge Videla schließlich bewies, daß der Faschismus in Argentinien dem Imperialismus den gleichen Dienst zu erweisen vorhat, wie in Chile: die Auslieferung der Reichtümer des Landes an Produkten, Rohstoffen und billiger Arbeitskraft an das internationale Kapital:
– Aufhebung des unter Peron erlassenen Gesetzes zur Kontrolle und Beschränkung ausländischer Kapitalinvestitionen
– Reprivatisierung der nationalisierten Industrien

Die Maßnahmen der Gorillas gegen die argentinische Arbeiterklasse (taktische Auflösung ihrer gewerkschaftlichen  Organisationen, staatliches Lohndiktat, Abbau der sozialen Leistungen des Staates) lassen sich besser als in Chile als Beitrag zur „Nationalen Errettung“ verkaufen, liquidierte der Putsch doch ein Regime, das sich durch die Verkommenheit seiner Nutznießer selbst den Militärs ans Messer geliefert hatte und nicht einen Versuch, die Lage der arbeitenden Klasse gegen den Imperialismus und die nationale Bourgeoisie zu verbessern.

Die Militärs sehen sich jetzt mit den politischen Problemen des Landes konfrontiert, die sie vor drei Jahren veranlaßt hatten, die Rückkehr Perons an die Macht zuzulassen, wohl auch in der Hoffnung, ein Scheitern des Generals werde die in Argentinien einzig aktuelle Alternative zum Faschismus den Massen ein für allemal verleiden. Dies wird jedoch eine Hoffnung bleiben: Erstens identifizieren sich die Proleten Argentiniens nicht mit dem Fiasko des Peronismus, wofür sie schon vor dem Putsch ausschließlich die Witwe verantwortlich gemacht hatten, sondern mit den sozialen Leistungen des Peronismus zwischen 1945 und 1950 und selbst noch mit der 20prozentigen Reallohnerhöhung und der Befreiung von der Diktatur, die der Caudillo auch 1973 aus dem spanischen Exil mitbrachte. Zweitens läßt die Brutalität, mit der die Gorillas jetzt die „Gesundung von Staat und Wirtschaft" durchzusetzen beabsichtigen, und deren Vorbilder sich in Brasilien und Chile finden, unschwer prognostizieren, daß über die Öffnung des Landes für den Imperialismus und die Auspressung der arbeitenden Massen zugunsten der Oligarchie und der Inhaber der Staatsmacht schon bald wieder eine Situation geschaffen werden wird, die das Land reif macht für eine neue Variante des Peronismus.

[Hinweis: Eine ausführliche Analyse der Politischen Ökonomie Argentiniens findet sich in MSZ Nr. 3/1974 unter dem Titel „Argentinien und Peronismus“.]

aus: MSZ 10 – April 1976

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