Afghanistan/Iran:

Behutsame Ohnmacht contra nackte Aggression


Angesichts der „brutalen Intervention“ der Sowjetunion in Afghanistan ist die Geiselaffäre von Teheran zur Zeit von den Titelblättern verschwunden, der Sicherheitsrat hat sein Ultimatum verlängert und mit antirussischen Tiraden darf sich Khomeini höchstpersönlich in die moralische Einheitsfront der entrüsteten Weltöffentlichkeit einreihen. Nicht daß der amerikanisch-persische Konflikt beigelegt wäre – aber die Freiheit einer Weltmacht erlaubt nicht zuletzt auch, ihre Händel zeitweilig zurückzustellen, zumal sich auch die „Zurückhaltung“ lohnt, stufenweise zu eskalieren und zu beobachten, wie sich die Strafmaßnahmen auswirken und wie der Gegner mit den Schwierigkeiten im eigenen Lager fertig wird. Jede Stunde und jeder Tag, die die Geiseln in persischer Hand verbringen, steigern schließlich die moralische Unanfechtbarkeit der amerikanischen „Reaktion“, so daß jetzt schon jeder Schritt angesichts der Unverhältnismäßigkeit persischen Unrechts gegenüber einer einschlägig qualifizierten Minderheit amerikanischer Staatsbürger vorab legitimiert ist.


Wirtschaftskrieg von begrenzter Reichweite

Die von Carter angeordnete Blockade der persischen Guthaben bei US-Banken – unter Berufung auf den dadurch geschaffenen Zahlungsverzug haben amerikanische Banken gleich auch noch europäische Guthaben des Iran sperren lassen – hat mit der Zahlungsfähigkeit den aussenwirtschaftlichen Handlungsspielraum des persischen Staats drastisch eingeschränkt. Eine solche Maßnahme, angewendet gegen die Amerikaner, wäre gleichbedeutend mit einer Kriegserklärung, aber die Freiheit des Eigentums – international betrachtet – endet selbstverständlich bei dessen antiamerikanischer Verwendung. Das Verlangen der Perser, den Dollar im Ölgeschäft außer Kraft zu setzen, ist durch die Mitwirkung der Verbündeten gebremst worden, so wie zur Zeit überhaupt an den Persern der Beweis geliefert wird, daß in ihren Händen das Öl keine Waffe für die Ölstaaten ist. Der Einsatz anderer Ölförderländer hat den Ausfall persischen Öls ohne weiteres kompensiert und ihre Preisforderungen sind aufs Normalmaß reduziert worden. Dafür, daß Konkurrenten der USA nicht in unanständiger Weise eingesprungen sind, hat das westliche Bündnis gebürgt. Zudem ist die Ölförderung des Iran – inzwischen auf die Hälfte zurückgegangen – immer noch von Spezialisten und Ersatzteillieferungen aus dem Westen abhängig.

Einen Wirtschaftskrieg mit der Supermacht Nr. 1 kann eben kein Land führen, dessen ganzer Reichtum nur dank seiner ausländischen Nutznießer überhaupt aus der Erde geholt und durch deren Bedarf Reichtum wird. Allerdings ist ein Wirtschaftskrieg gegenüber einem Gottesstaat, dessen geistlicher Führer Fasten, Hunger und den Opfertod von ein paar Millionen als Kampfmittel androht, auch nur von begrenzter Reichweite, so daß es vom Standpunkt der zivilisierten Welt nur gerecht ist, daß dem „Fanatiker Khomeini“ und seiner „blindwütigen Gefolgschaf“t im eigenen Land Gegner vom gleichen Kaliber erwachsen. Mit Interesse und Genugtuung verfolgt der Westen die Unruhen, in denen sich die Kurden endlich einmal ein Kompliment für ihren Freiheitsdurst erwerben, und in denen sich die ebenso für ihr Unabhängigkeitsgefühl beglückwünschten Aserbeidschaner, ausgerüstet mit Plakaten des gemäßigten Ayatollah Schariat Madari, blutige Köpfe holen, und schließlich sind auch die Querelen in der Südprovinz Khusistan ein interessantes Indiz für die Anfälligkeit der Islamischen Republik.

Wenn sich die Perser hauptsächlich damit beschäftigen, sich wegen irgendwelcher heiligen Volks- oder Glaubensrechte die Köpfe einzuschlagen, wenn der Gottesstaat außer dem Haß gegen Carter keine politische Einheit im Lande zustande bringt und die geringer werdenden Öleinnahmen für nicht einmal ausreichende Lebensmittelimporte verwendet werden, wenn das Militärgerät mangels Ersatzteilen verrottet und die kümmerliche Industrieproduktion gänzlich zum Erliegen kommt, dann ist damit zu rechnen, daß sich früher oder später genügend Rückhalt für die Einrichtung einer Ordnungsmacht finden läßt, die das Geschäft wieder mit denen aufnimmt, die einzig dazu befugt sind. Wenn auch solche Hoffnungen zuweilen etwas verfrüht fündig werden – der Spiegel z.B. entdeckt inzwischen im Iran landauf landab nur noch Khomeini-Gegner –, die „Ohnmacht“ der USA, die darauf setzt, daß, unterstützt von den wenig ohnmächtigen Boykottmaßnahmen, die inneren Streitigkeiten den Khomeini-Staat zermürben, zahlt sich gewißlich aus.


Keine Gerechtigkeit

Sie hat sich in anderer Hinsicht schon ausgezahlt, da die UdSSR – noch während der Kalkulation der USA, wie und mit welchen Mitteln der Konflikt mit Persien am günstigsten auszuwerten ist – die „Gelegenheit“ ergriffen hat, sich weltöffentlich ins Unrecht und die USA wieder unumstritten in die Position der antiimperialistischen Führungsmacht Nr. 1 zu setzen.

Im Gefolge der diplomatischen Anfragen von Weltmacht Nr. 1 bei Weltmacht Nr. 2, ob bei militärischen Unternehmungen der USA die UdSSR ihre Beistandsklausel gegenüber dem Iran in Anspruch zu nehmen gedächten, auf die hin die SU den Amerikanern Handlungsfreiheit zugesichert hat – ihre Zurückhaltung im Sicherheitsrat beim Beschluß des Ultimatums gegen den Iran zeigt, daß sie den Amerikanern bei der Disziplinierung dieses Landes nicht einmal propagandistisch entgegenzutreten gewillt war –, haben die Sowjetführer offensichtlich auf ein gentlemen’s-agreement zwischen Supermächten gebaut: ihre Stillhalteerklärung gegenüber einer amerikanischen Intervention im Iran gegen die amerikanische Duldung ihres Ordnungstiftens in Afghanistan. Aber auch hier gibt es, wie überall auf der Welt, keine Gerechtigkeit.


Die gottlosen Teufel aus dem Norden

Das Pech Afghanistans, eines Landes, das außer seinen zwei Durchgangsstraßen über nichts Bemerkenswertes verfügt, ist die Tatsache, daß die landeseigenen Führungscliquen ihre Streitigkeiten mit Hilfe des Grenznachbarn SU auszutragen pflegen. Außer dem Bau der einen Straße von Persien nach Pakistan war den USA bisher nichts zu finanzieren wert. Um den Preis der Aufgabe außenpolitischer Neutralität und enger Freundschaftsversprechen haben sich die Führer der Volkspartei gegen den vorherigen Diktator Daud von der SU in den Sattel helfen lassen und es in bemerkenswert kurzer Zeit geschafft, die Bevölkerung gegen sich aufzubringen.

Der Versuch, die neue Herrschaft zu stabilisieren und für sie das bettelarme Land durch eine Bodenreform brauchbar zu machen, die den besten Boden für Staatsgüter beanspruchte, Nomaden dazu zwingen wollte, seßhaft zu werden, Bauern Äcker zuteilte ohne Saatgut und Maschinen, während gleichzeitig arbeitsfähige Familienmitglieder zum Militär gezogen wurden und die durch die Landreform Benachteiligten mit Waffengewalt gegen die neuen Besitzer vorgingen, führte zu Aufsässigkeiten gegen das Regime und seine Schutzmacht. Die zwangsweise Einführung der Koedukation und gynäkologische Massenuntersuchungen, unter Einsatz des Militärs gegen die islamischen Religionsvorschriften durchgesetzt, brachten die Bevölkerung zusätzlich gegen die ,,gottlosen Teufel aus dem Norden“ auf, deren Bündnispartnerschaft mit der vorwiegend paschtunischen Führungsclique im Land außerdem den traditionellen Rivalitäten der untereinander verfeindeten Volksgruppen des Landes einen mächtigen Auftrieb verschaffte. Mit wachsender Schadenfreude haben die westlichen Medien über den urtümlichen Freiheitsdrang und Russenhaß der traditionsgemäß gut bewaffneten Afghanen berichtet, die Russen oder vermeintlichen Russen zuweilen Todesarten zugefügt haben, malerisch wie zu Karl Mays Zeiten.

Die Alternative, die einzige erklärtermaßen prosowjetische Regierung an ihrer Südgrenze fallen zu lassen oder als Schutzmacht in einen laufenden Kleinkrieg verwickelt zu werden, hat die SU getreu der Logik einer Supermacht entschieden: den im Land verhaßten und ihr selbst zu eigenmächtigen Amin beseitigt und den neuen Mann unter Begleitung der notwendigen Portion Sowjetmacht installiert.


Aggression und berechtigtes Interesse

Angesichts der allgemein bekannten und pausenlos in den Zeitungen besprochenen Tatsache, daß Hunderte von Regierungen in diesen Gegenden der Welt ausschließlich deshalb Regierungen sind, weil es den wirklichen Weltmächten gefällt, sie dort sitzen zu haben, und weil sie dementsprechend mit den notwendigen Utensilien versorgt werden – man stelle sich nur den marokkanischen Hassan ohne die amerikanische Militärhilfe vor, Zaires Mobutu ohne Frankreichs Hilfe, Marcos auf den Philippinen etc. etc. –, angesichts dieser niemand unbekannten Wahrheit ist die Akribie, mit der der völkerrechtliche Tatbestand der Einmischung und Aggression der SU in Afghanistan nachgewiesen wird, eine Meisterleistung internationaler Heuchelei: der damalige Staatschef Amin habe die SU nicht um solche Hilfe angegangen; Karmal, der neue Mann, habe die SU gar nicht um Hilfe bitten können, da er noch gar nicht im Lande war, und schließlich hätten nicht einmal die freundschaftsvertragsgemäßen Konsultationen vorher stattgefunden. Wie noch in bester Erinnerung, hatten z.B. Mossadegh und Allende vorher die US-Regierung um Beistand gebeten, ehe sie sich vom CIA wegputschen ließen, und die Aufstellung der neuen US-Eingreiftruppe zur Sicherung des westlichen Ölbedarfs verdankt sich bekanntlich einem dringenden Wunsch der OPEC-Staaten. Die entrüstete Weltöffentlichkeit ergeht sich in den Feinheiten völkerrechtlicher Verdammung, die ihre Schlagkraft allein daher bezieht, daß es international eben berechtigte Interessen gibt, nämlich die der Freiheit, der USA und ihrer Verbündeten, denen die Welt zur Verfügung steht oder stehen muß, und unberechtigte, die überall dort, wo sie auftreten, der Aggression und der Störung des Weltfriedens angeklagt werden müssen. Dabei beruht die Berechtigung, was auch die völkerrechtliche Einordnung vereinfacht, auf der Tatsache, daß die überwältigende Mehrheit der Staatenwelt nur dank der ökonomischen Brauchbarkeit ihres Landes für die USA und ihre Bündnisstaaten überhaupt über die Mittel verfügt, sich als Staatsgewalt aufführen zu können, so daß sich die Militärmacht USA fast nirgendwohin mehr rufen zu lassen braucht, weil sie ihre Stützpunkte schon überall hat.


Globale Selbstverständlichkeit

Diese Selbstverständlichkeit der US-imperialistischen Beherrschung des Globus ist es, angesichts deren sich der „Imperialismus“ der SU so bodenlos ins Unrecht setzt. Und mit ebenderselben Selbstverständlichkeit fallen die moralischen Urteile, deren Opportunismus niemandem auffallen will. Ebenderselbe „fanatische Islam“, aufgrund dessen die Iraner die zivilisierten Strafmaßnahmen der USA geradezu herausfordern, befähigt die Afghanen zu ihrem „todesmutigen Freiheitsdurst“. Bei den öffentlich veranstalteten Planspielen einer militärischen Intervention im Iran hat keinen der wirklichen oder Pseudo-Strategen die Frage der Rechtmäßigkeit gequält – abfotografierte Panzer in Kabul genügen, um die Medien von Mitleid und Angst um ein Volk triefen zu lassen, dessen Verhungern und Krepieren, solange die Russen daran unbeteiligt waren, der Weltöffentlichkeit jahrzehntelang scheißegal war. Während die entsetzlichen Leiden bejammert werden, die die Geiseln in der Botschaft erdulden müssen (u.a. die psychische Krankheit des sogenannten Geiselsyndroms, seine Bewacher manchmal menschlich zu finden), und während noch in den Rückblicken auf das vergangene Jahrzehnt die Fotos der napalmbrennenden vietnamesischen Kinder gezeigt werden, erhebt sich allgemeine Begeisterung darüber, daß Khomeini im Verein mit den Russen in Afghanistan die Amerikaner vom „Vietnam-Trauma geheilt“, die USA zur Waffe des Völkermords gottseidank wieder ein unbefangeneres Verhältnis eingenommen hätten. Auf der Weltkarte genügt es, Vietnam und Südjemen blau zu schraffieren, den Iran als Unruhezone zu kennzeichnen, und schon ist die Besetzung Afghanistans der eindeutige Auftakt der SU zur Beherrschung Südostasiens, des Indischen Ozeans und der Arabischen Halbinsel, während sich die USA in der Region ausschließlich auf das kümmerliche blaue Pünktchen Diego Garcia stützen können.


Ein neues Gleichgewicht für die Weltlage

Der Weltlage entsprechend schlägt die 1. Weltmacht aus dem Vorgehen der 2. Kapital. Im Gegensatz zu früheren Zeiten, in denen sich der Antiimperialismus der Drittwelt-Staaten das harmlose Vergnügen leistete, in der UNO die Westmächte wegen ihres Umgangs mit Südafrika, Rhodesien und Israel moralisch und mehrheitlich zu verdammen, haben die Blockfreien mittlerweile die Lektion richtig eingesetzter Neutralität gelernt. Geschlossen gegen den sozialistischen Block spricht die UNO-Vollversammlung im Namen des einzigen wirklichen „natürlichen Verbündeten“. Und zum Beweis ihres Freiheitswillens bieten sich die Staaten der Region, Ägypten, Israel, Oman, Somalia und Kenia als Aufmarschgebiet für die Ami-Truppen an. Die Wiederaufnahme der amerikanischen Militärhilfe für Pakistan steht außer Frage, und die militärische Kooperation mit China – die „Störung des Gleichgewichts“ hat sich ja die UdSSR zuschulden kommen lassen – wird eingeleitet. Dabei leistet es sich die Weltmacht sogar, die militärische Benutzung all dieser Länder vorsichtig gemäß ihrer Verläßlichkeit und Brauchbarkeit zu differenzieren: die Kooperation mit China erstreckt sich vorläufig nur auf die elektronische Überwachung der UdSSR, für die Ausstattung mit „modernsten Waffensystemen der USA“ ist der chinesische Nationalismus vorerst noch zu eigenwillig. Die Türkei wird zum Ausgleich für die Erneuerung des Militärabkommens mit umfangreicher Wirtschafts- und Militärhilfe versorgt; Pakistan, wegen seines Drangs zur Atombombe bislang militärpolitisch kaltgestellt, erhält über seinen Bündnispartner China, ohne unnötige Diskreditierung in der islamischen Welt, die notwendigen Mittel, um afghanische Flüchtlinge für einen Partisanenkrieg auszubilden und zu -rüsten.

Zweck dieser Maßnahmen, deren Besonnenheit und Ausgewogenheit sich ungeteilter Zustimmung erfreuen, ist – wie Carter selbst verkündet hat – nicht die Vertreibung der Sowjettruppen aus Afghanistan, sondern der Versuch, ihnen das militärische Halten des Landes vorerst so teuer wie möglich zu machen – für diesen edlen Zweck wird sich der Mut des afghanischen Volkes mit ein paar tausend Heldentoden dekorieren dürfen.

Es ist auch nicht die unerläßliche Gegenwehr gegen einen drohenden Vorstoß der SU zum Persischen Golf, gegen den Angriff auf die Ölversorgung der Industrieländer, sondern der Ausbau der strategischen Position der USA entlang der gesamten Grenze der SU verdankt sich der Kriegsplanung für Auseinandersetzungen ganz anderen Ausmaßes. Ungeachtet des offiziellen Eingeständnisses der USA, die Intervention der SU tangiere „nicht unmittelbar lebenswichtige Interessen“ der Freien Welt, benützt Carter die afghanischen Ereignisse zur umfassenden Arrondierung des weltweiten amerikanischen Aufmarschgebietes. Während die USA so wieder einmal demonstrieren, wem der Globus gehört, überrollt die SU mit ihrem Militärapparat etliche Quadratkilometer Halbwüste samt den darauf ansässigen Gebirgsvölkern, um sich die ,,Freundschaft“ des dort etablierten Staatswesens zum Weltfriedenslager zu sichern.

Schließlich sind auch die wirtschaftspolitischen Maßnahmen der USA, deren „Wirkungslosigkeit“ die Hetzjournalisten beklagen, keineswegs bloß symbolische Drohungen und, wenn der stellvertretende amerikanische Außenminister betont, daß sie von langer Dauer seien, ist dies nicht der Ausdruck der Resignation, unmittelbar gegen die SU nichts ausrichten zu können. Mit dem Embargo sind die empfindlichen Stellen der Großmacht SU getroffen: ohne die Getreidelieferungen ist der Viehbestand der SU, da die eigenen Futtermittel nicht ausreichen, und infolgedessen die Ernährung der Bevölkerung gefährdet; die Verweigerung der amerikanischen Technologien zur Ölförderung bedroht die Energieversorgung der SU. Die erschlossenen Öllager sind in absehbarer Zeit erschöpft, jetzt schon reduziert die SU ihre Lieferungen, und für die Erschließung weiterer Vorkommen besitzt die SU nicht die notwendige Technologie. Die andere Weltmacht hingegen kann es sich leisten, mit dem Hunger feindlicher Nationen Politik zu machen und über den Verdienstausfall aufgebrachte Farmer – daß die Stärke der USA immer zugleich ein Geschäft sein muß, ist das Erfolgsrezept dieser Nation – durch ein paar Milliarden Dollar zu beschwichtigen; mit dem überschüssigen Mais läßt sich zudem noch ein energiewirtschaftliches Experiment veranstalten.


Ein letzter Vorstoß

Die amerikanischen Maßnahmen zeichnen sich also wirklich durch Augenmaß aus, so daß eine weitere Ausdehnung des Embargos durch die europäischen Verbündeten, die sich ihren Osthandel nicht so ohne weiteres verbieten lassen wollen, noch nicht unbedingt vonnöten ist. Wenn hiesige Staatsmänner und Zeitungsschreiber neben der Verdammung der SU noch ein wenig länger auf dem unschätzbaren Gut der Entspannung und des Weltfriedens herumreiten, dann deshalb, weil die bewährte Zweiteilung von militärischer Bedrohung des Ostblocks durch die USA und seiner ökonomischen Benutzung durch die europäischen Staaten von hier aus betrachtet, noch einiges für sich hat. Eines steht aber auch in Europa schon unumstößlich fest: der Vorstoß der UdSSR in Afghanistan muß ihr letzter bleiben. Ob man sich in journalistischen Spekulationen über die Schwäche des Westens und den voraussichtlichen Zugriff der Russen zur Weltherrschaft austobt – oder ob man umgekehrt der SU prophezeit, daß sie sich in Afghanistan zu Tode bluten und unter der Last des Militärapparats, der ökonomisch schon jetzt untragbar sei, zusammenbrechen wird, die lästige Herrschaft des sozialistischen Staatenblocks, die einzige, die sich dem freien Zugang des westlichen Imperialismus auf dem ganzen Erdball sperrt, ist längst überfällig.

 

aus: MSZ 33 – Januar 1980

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