Die Studentenschaft im Rücken ...
In Bremen hat der wiederaufgenommene Wahlgang dem MSB/SHB/Juso-AStA eine erfolgreiche Mehrheit eingetragen. Dies nicht deswegen, weil die GO-Gruppen nebst Jusos stärker geworden wären, sondern aus dem glücklichen Umstände, daß ein Gegner des AStA, die Basisgruppen plus KSV, 240 Stimmen verloren, der MSB aber trotz der gesunkenen Wahlbeteiligung genau die 513 Stimmen der Januarwahlen wieder in den Urnen vorfand. Mit der Siegern eigenen Großmut wertete der AStA die befremdende Tatsache, daß sich 60 Stimmzettel mehr in den Urnen befanden als Studenten abgestimmt hatten, als „menschliche Schwäche“ der Wahlhelfer, wegen deren „Wahlbetrug“ er Anfang Mai die laufenden Wahlen abgebrochen hatte, weil sich 37 Zettel zuviel in den Urnen nachweisen ließen. Es wäre auch überflüssig gewesen, Nachforschungen nach den Geister-Stimmzetteln anzustellen, weil ohnehin jedermann weiß, daß diese Zettel vom AStA gedruckt und ausgegeben werden. Und daß sie von den Wahlhelfern keiner einwarf, dafür bürgte u.a. der MSB-AStA-Vorsitzende, der es sich nicht nehmen ließ, selber bei der Wahl zu helfen, um für Korrektheit zu sorgen. Vom Ergebnis her zeigt sich, daß seine Bemühungen nicht ohne Erfolg blieben. Der Bremer MSB-AStA, der bis zu den Wahlen über keine Mehrheit verfügte, und daran der MG die Schuld gab, die über 5 Sitze im StuPa verfügte, hat nun zumindest eine Mehrheit der Stimmzettel und der MG nützt auch der Umstand nichts, daß sie ihre 5 Sitze behielt, weil den übrigen Oppositionsgruppen 240 Stimmzettel abhanden gekommen waren. Dank der überwundenen „Deformationen des Personenkults“, als Personifizierung derselben, der oben angeführte Außenminister Stalins seine Absage an demokratische Wahlen formulierte, kann der MSB voll für solche Wahlen eintreten, weil Molotows Befürchtung zumindest bei Bremer StuPa-Wahlen gegenstandslos geworden ist.
Für den Tag nach der Wahl hatte der MSB-AStA eine Studentenschaftsvollversammlung einberufen mit dem einzigen Tagesordnungspunkt, eine MSB-Aktionswoche abzustimmen, die eine VV vorher abgelehnt hatte, noch dazu mit dem für den MSB peinlichen Umstand, daß die Gegenresolution der MG glatt durchging. Mit „dem Wahlsieg im Rücken“ forderten MSB, SHB und Jusos ihre Wähler auf, „nachdem sie durch ihr Votum die Weichen gestellt“ hatten, nun auch auf der VV für ein gerechtes Ergebnis zu sorgen. Die so als Wähler beim Wort genommenen kamen aber nicht. Wahrscheinlich ruhten Teile von ihnen sanft als Stimmzettel in der Urne und die anderen Stimmzettel haben keine Beine, um auf einer VV zu erscheinen. Jedenfalls wurde der Antrag des MSB nicht einmal befaßt.
aus: MSZ 24 – Juli 1978 |